SPD will Sarrazin loswerden
21. April 2011Die Sozialdemokraten wollen mit den umstrittenen Ansichten des früheren Bundesbank-Vorstands und Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin nichts zu tun haben. Deshalb soll er die Partei verlassen. Gut ein halbes Jahr nachdem der SPD-Vorstand ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn in die Wege leitete, soll der 66-Jährige an diesem Donnerstag (21.04.2011) nun einer Schiedskommission Rede und Antwort stehen.
Stein des Anstoßes sind Sarrazins eigenwillige Thesen zur Ausländerpolitik in seinem Buch "Deutschland schafft sich ab". Mit dem Bestseller hatte er im vergangenen Jahr eine empörte Debatte über den Stand der Integration muslimischer Zuwanderer in Deutschland ausgelöst.
Kritik an Muslimen
Das Buch ist inzwischen 1,4 Millionen Mal verkauft. Sarrazin, der zuletzt Mitglied des Vorstands der Bundesbank war, spricht insbesondere muslimischen Zuwanderern eine Integrationswilligkeit und Leistungsbereitschaft ab. Er vertritt zudem die Ansicht, dass Muslime generell schlechter gebildet seien und Intelligenz größtenteils erblich bedingt sei.
Im Zuge der Debatte hatte sich die Bundesbank im September vergangenen Jahres in gegenseitigem Einvernehmen von Sarrazin getrennt. Die SPD-Spitze will ihn loswerden, weil seine Ansichten ihrem Empfinden nach gegen Grundsätze der Sozialdemokratie verstoßen. Sarrazins Rechtsbeistand, der frühere Erste Bürgermeister Hamburgs, Klaus von Dohnanyi, ebenfalls ein Sozialdemokrat, hält den Vorwurf für nicht gerechtfertigt.
Urteil auf Kreisebene
Die Anhörung Sarrazins wird zunächst vor der Schiedskommission des Berliner Partei-Kreisverbandes Charlottenburg-Wilmersdorf stattfinden. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles wird dabei die Interessen der Bundespartei, der Berliner SPD-Vize Mark Rackles die Interessen der Landespartei vertreten.
Ihr Rechtsbeistand ist der Bonner Rechtsanwalt Helmut Neumann, der die SPD schon in mehreren Parteiordnungsverfahren vertreten hat.
Die Schiedskommission hat vier Wochen Zeit, eine Entscheidung zu fällen. Sollte Sarrazin, der seit 38 Jahren Mitglied der SPD ist, unterliegen, will er sich nötigenfalls durch alle Instanzen klagen. Er kann Berufung vor der Landesschiedskommission einlegen, danach auf Bundesebene.
Autorin: Eleonore Uhlich (dpa,afp,dapd)
Redaktion: Nicole Scherschun