Spionageabwehr der Mullahs
Im Iran droht Spionen die Todesstrafe. Am vergangenen Samstag wurde ein mutmaßlicher US-Spion gehängt. Viele Todesurteile und Hinrichtungen im Lande sind politisch motiviert.
Zerschlagung eines "Spionagenetzwerks"
Nur wenige Tage nachdem der Iran die Zerschlagung eines "neuen Spionagenetzwerks" mit Verbindungen zum US-Auslandsgeheimdienst CIA gemeldet hatte, wurde die Hinrichtung eines Spions im Gefängnis Rajai Shahr (Bild) bestätigt. Seyyed Jamal Haji Zavareh war nach offiziellen Meldungen ein pensionierter Mitarbeiter der Luft- und Raumfahrtabteilung im Teheraner Verteidigungsministerium.
Seit September 2017 in Haft
Menschenrechtsaktivisten berichten hingegen, dass der 47-jährige Zavareh Mitarbeiter der Luftwaffe der iranischen Revolutionsgarde (Bild) gewesen sei. Er soll bereits im September 2017 verhaftet und lange Zeit schwer gefoltert worden sein.
Mossad ist aktiv
Federführend bei der Spionageabwehr ist die Revolutionsgarde (Sepah). Diese hat aber offenbar mit Verrätern in den eigenen Reihen zu kämpfen. Im Mai 2018 präsentierte Israels Premier Netanjahu (Bild) Details über das iranische Atomprogramm. Zuvor gelang es dem israelischen Geheimdienst Mossad, mehr als 55.000 Seiten geheimdienstliche Dokumente in Teheran zu entwenden.
Aktion mit Insiderwissen
Die Mossad-Agenten sollen mit speziellen Schneidbrennern mehrere Schließfächer in einer Lagerhalle geöffnet haben. Ohne Insiderwissen wäre die Ortung der Dokumente nicht möglich gewesen. Bis heute wurde der Fall nicht aufgeklärt. Auf der UN-Vollversammlung 2018 nutzte Netanjahu (Bild) diese Informationen.
Umweltaktivisten als Sündenbock
Die Revolutionsgarde verhaftete dagegen acht Umweltaktivisten (Bild), die im Umfeld der Lagerhalle in der Wüste gesehen worden sein sollen. Wegen Spionage sitzen sie seit Jahren in Untersuchungshaft. Doch die iranische Regierung sagt, dass die Beweise fehlen. Das Ermittlungsverfahren konnte nicht eingeleitet werden.
Undercover für USA und Israel
Die vermeintlichen Beweise gegen Kourosh Ahmadi (Bild) genügten der Regierung offensichtlich. 2013 wurde Ahmadi mit seinem Komplizen Mohammad Heydari hingerichtet. Es wurde berichtet, dass Kourosh Ahmadi der CIA Informationen zur Verfügung gestellt haben soll. Heydari hätte dagegen "Dokumente über die Sicherheitsfragen und Staatsgeheimnisse" an israelische Mossad-Agenten weitergegeben.
Zusammenarbeit mit Mossad
Auch Ali Ashtari (Bild) soll Insiderwissen gehabt haben. Der Geschäftsmann hatte Zugang zu Sicherheitskreisen in der Revolutionsgarde. Der 43-Jährige verkaufte Kommunikations- und Sicherheitsausrüstung an die Revolutionsgarde. Nachdem er nach Auffassung des Gerichts drei Jahre lang mit dem Mossad zusammengearbeitet hatte, wurde er 2008 wegen Spionage hingerichtet.
Auch Atomforscher soll spioniert haben
Zugang zu "vertraulichen Informationen" soll auch Shahram Amiri (4. v. l.) gehabt haben. Der iranische Atomforscher wurde wegen Spionage für die USA im August 2016 hingerichtet. Der Iran wirft den USA vor, den Atomphysiker auf einer Pilgerreise entführt zu haben. Die CIA hätte ihn abgeworben. Die USA stritten das jedoch ab. Weitere Einzelheiten dazu gibt es nicht.
Freilassung aus Mangel an Beweisen
Gegen Nizar Zakka (Bild) wurden nie Beweise über die vermeintliche Spionage für den Erzfeind USA vorgelegt. Der US-Libanese wurde 2015 nach der Teilnahme an einer politischen Veranstaltung in Teheran verhaftet. Die schiitische Hisbollah in Libanon stellte einen Antrag auf Freilassung, dem der Iran im Juni 2019 zugestimmt hat.
Geste an Washington?
Die schiitische Miliz Hisbollah (Bild) gilt als Verbündete der iranischen Revolutionsgarde. Der Internetaktivist Zakka betrieb eine nichtkommerzielle Organisation und beriet auch die Regierung in Washington. Seine Freilassung in einer Zeit steigender Spannungen zwischen dem Iran und den USA wurde von der Presse als Geste an Washington gedeutet.
Journalist als Geisel
Auch die Festnahme von Jason Rezaian, dem amerikanisch-iranischen Korrespondenten der "Washington Post", war offenbar politisch motiviert. Wegen "Spionage" saß er seit 2014 für 18 Monate im Gefängnis. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Atomverhandlungen wurde er im Januar 2016 freigelassen. Später hat Rezaian den Iran verklagt. Er sei als Geisel gehalten und psychologisch gefoltert worden.
"Umsturz des Regimes" durch Ausbildung
Die 41-jährige Nazanin Zaghari-Ratcliffe, Mitarbeiterin der englischen Journalistenstiftung von Thomson Reuters, wurde 2016 bei einer Reise im Iran verhaftet. Die Justiz glaubt, Zaghari-Ratcliffe habe durch die Journalistenausbildung einen Umsturz der Regierung geplant. Sie selbst bestreitet das. Da Gericht verurteilte sie zu fünf Jahren Haft.
Mahnwache in London
Ihr Ehemann Richard Ratcliffe, ein britischer Staatsbürger, sagte im DW-Interview, die Revolutionsgarde hätte ihm regelmäßig Signale übermittelt, die klar zeigen, dass das Urteil gegen seine Frau politischer Natur sei. Ratcliffe ist vor zwei Wochen in Hungerstreik getreten und hält regelmäßig Mahnwache vor der iranischen Botschaft in London.