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Zaghafte Restaurierungsversuche

Tom Mustroph3. April 2013

Lange Zeit waren die staatlichen Lotterien als Sponsoren so etwas wie die besten Freunde des Sports. Durch zahlreiche Wettskandale hat die Beziehung heftige Kratzer bekommen. Wie kann man das Verhältnis kitten?

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Werbung für Sportwetten an der Schaufensterscheibe eines Wettbüros (Foto: Karl-Josef Hildenbrand dpa)
Bild: picture-alliance/ dpa

Friedrich Stickler ist ein wenig melancholisch gestimmt: "Lotterien waren immer die nationalen Partner des Sports. Manche wurden sogar ausdrücklich gegründet, um den Sport zu finanzieren", erinnert sich der Präsident der Vereinigung der europäischen Lotterien. Dass diese Partnerschaft tiefe Risse bekommen hat, liegt für Stickler an einer kompletten Veränderung des globalen Wettmarkts.

Der Mensch, der jede Woche brav seinen Tippschein ausfüllt, ist von professionellen Wettern in den Hintergrund gedrängt worden. Hinzu kommen Finanzexperten des organisierten Verbrechens, die die illegal erworbenen Gelder bei Wetteinsätzen waschen und zur Sicherung dieser Operation gleich noch die Resultate auf dem Spielfeld programmieren lassen. "Alle Beweise, die wir haben, deuten darauf hin, dass Spielmanipulation eine Herausforderung für viele Sportarten ist und von der organisierten Kriminalität als eine beachtliche Gelegenheit wahrgenommen wird", sagt John Abbott, Chef der Abteilung für Sportintegrität bei Interpol. Zahlen über den Anteil der kriminellen Umsätze im globalen Wettmarkt will er nicht nennen. Seriöse Schätzungen existieren seiner Ansicht nach nicht.

Wetten nicht nur zum Vergnügen

Dass es sich aber um beträchtliche Summen handeln muss, ist für den europäischen Lottovertreter Friedrich Stickler klar. "Das ist nicht nur zum Zeitvertreib allein. Wenn man sieht, dass Sbobet oder Ibcbet jeweils 40 Milliarden Dollar jährlich umsetzen, dann zeigt das: Hier ist richtig Geld im Spiel."

Friedrich Stickler (Österreichische Lotterien) während einer Podiumsdiskussion (Foto: APA/HARALD SCHNEIDER)
Lottovertreter Stickler trauert der Zeit nach, in der Sport und Lotterien noch Hand in Hand arbeitetenBild: picture alliance/APA/picturedesk.com

Als Ursache macht Stickler lasche Regelungen und geringe Risiken aus. "Der Wettmarkt wird immer attraktiver für das organisierte Verbrechen. Das liegt auch daran, dass es da so gut wie keine Sanktionen gibt. Wenn man wegen Drogenhandels oder anderer schwerer Verbrechen erwischt wird, dann kann man sogar das Leben verlieren. Wenn man ein Spiel manipuliert, dann wird man allenfalls nach Hause geschickt und bekommt gesagt: mach das bloß nicht wieder!' Das ist doch eine Einladung!"

Rekrutierung der Ahnungslosen

Sportler, die sich auf Manipulationen einlassen, sind sich dieser Ebene oft nicht bewusst. Laut Andreas Krannich, dessen Firma Sportradar seit 2005 den globalen Wettmarkt hinsichtlich der Quotierung europäischer Fußballspiele beobachtet, werden junge Spieler dadurch rekrutiert, "dass man ein halbes oder dreiviertel Jahr 'best friend' ist, schaut, dass man sich in seinen Freundeskreis einschleicht, dass man den Spieler viel einlädt, interessante Sachen mit ihm macht und erst in einem zweiten Schritt um eine Rückzahlung des 'good wills' bittet."

Dabei geht es laut Krannich zunächst noch nicht einmal um direkte Spielmanipulation. Vielmehr wird zunächst die Bereitschaft der Spieler getestet, wettrelevante Vereinsinterna wie Verletzungen wichtiger Spieler, die Zahlungsmoral des Klubs oder das Verhältnis zwischen Trainer und Mannschaft bekanntzugeben.

"In dieser Stufe, wo Spieler und auch viele Schiedsrichter arglos sind, weil sie sagen, das ist ein guter Freund, diese Information gibt man schon mal weiter, hat man schon eine leider noch immer ungeschriebene Linie übertreten. Denn in dem Augenblick befindet man sich in der Hand der Match-Fixer. Und diese Leute nehmen keine Rücksicht."

Fast 300 gefixte Fußballspiele pro Saison in Europa

Krannich sagt dies aus der Erfahrung von mittlerweile sieben Jahren Monitoring europäischer Fußballspiele. Seine Firma Sportradar registriert pro Saison knapp 300 stark manipulationsverdächtige Spiele in den ersten und zweiten Ligen Europas und den Cup-Wettbewerben. Um hier die Abschreckung zu erhöhen, macht sich der Sportdachverband SportAccord für eine Strafregelung sowohl auf sportrechtlicher als auch auf strafrechtlicher Ebene stark. Zentraler Punkt: "Ein Artikel in der Gesetzgebung aller Länder, der ausreicht, um den Athleten, den Funktionär und jeden anderen, der in den Betrug verwickelt ist, zu fangen und mit mindestens drei Jahren Gefängnis zu bestrafen", sagt Ingrid Beutler, Mitarbeiterin von SportAccord.

Ex-Werder-Manager Willi Lemke, jetzt UN-Berater für Sport, schlägt zudem lebenslängliche Sperren für Spieler und Funktionäre vor, die sich zum Betrug überreden lassen. Dann könnten den Wettbetrügern die Komplizen ausgehen. Um das Problem an der Wurzel zu packen, muss man laut Friedrich Stickler allerdings "die Websites dieser illegalen Betreiber blocken und den Geldtransfers auf diese Seite verhindern."

Willi Lemke bei einer Pressekonferenz (Foto: EPA/SALVATORE DI NOLFI)
Willi Lemke fordert lebenslange SperrenBild: picture-alliance/dpa

Das wäre ein wirkungsvoller, allerdings auch ein sehr radikaler Schritt. Anders, so scheint es, ist das einst gedeihliche Verhältnis von Wettbetrieben und Sport aber wohl nicht wieder herzustellen.