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Staatskonzern auf Expansionskurs

Daniela Junghans26. Mai 2004

Der französische Energiekonzern EDF konzentriert sich nicht nur auf den einheimischen Markt. Er hat in vielen Ländern Tochterunternehmen und will weiter wachsen. Da können Diskussionen um eine Privatisierung nur schaden.

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Frankreichs Strommarkt ist rigideBild: AP

Die kommenden Monate werden dem Stromanbieter EDF (Electricité de France) eine Menge abverlangen: Das Unternehmen soll im Juni einen neuen rechtlichen Status erhalten, Anfang Juli wird der französische Energiemarkt zum Teil liberalisiert. Und daneben soll und will EDF weiter expandieren. Der Konzern versorgt derzeit rund 41 Millionen Menschen weltweit mit Strom und Wärme, drei Viertel davon in Frankreich. Und ist gleichzeitig Europas größter Stromproduzent. Weltweit erzeugen EDF und die Tochterfirmen in mehr als 20 Ländern jährlich rund 590.000 Giga-Watt-Stunden Strom. Den größten Anteil hat dabei mit rund drei Viertel die Atomenergie.

Fast überall präsent

In Europa ist das Unternehmen auf allen wichtigen nationalen Märkten vertreten. Die britische Tochter EDF Energy beliefert mehr als fünf Millionen Kunden. Die polnische ECK, an der die Franzosen einen Anteil von 65 Prozent halten, sorgt für Wärme und Strom in rund zwei Millionen Haushalten. Und in Deutschland ist EDF am drittgrößten nationalen Anbieter, der EnBW (Energie Baden-Württemberg) mit rund 35 Prozent beteiligt. Deren Kundenzahl liegt bei ebenfalls rund fünf Millionen.

Francois Roussely von Electricité de France
EDF-Chef Francois Roussely führt einen der weltweit mächtigsten EnergiekonzerneBild: AP

EDF konzentriert sich jedoch nicht nur auf den Handel mit Strom und Wärme. Wichtiges zweites Standbein ist die Energieproduktion. In vielen europäischen Staaten stehen Kraftwerke des französischen Unternehmens, und auch in Südamerika, Asien und Afrika ist EDF am Markt. Allein in Mexiko gehören dem Konzern fünf leistungsstarke Kraftwerksblöcke mit einer Gesamtleistung von mehr als zwei Giga-Watt. Ähnlich stark vertreten ist das Unternehmen in Argentinien, Brasilien und China. Vor allem auf die Kooperation mit den Chinesen setzt EDF für die Zukunft: In den kommenden Monaten sollen dort vier neue Atomkraftwerke gebaut werden, die Chancen für einen Zuschlag an EDF stehen nicht schlecht. Zumal das Unternehmen bereits seit den 1980er Jahren in China vertreten ist und mit seinen bisherigen Anlagen mehr als drei Giga-Watt pro Jahr produziert.

Monopol soll fallen

20 Länder und mehr als 40 Millionen Kunden: Eine ungewöhnliche Reichweite für ein staatliches Unternehmen, das zu allererst einmal die französischen Kunden mit Energie versorgen soll. Entsprechend kritisch wird der Konzern von privatwirtschaftlichen Konkurrenten betrachtet. Denn schließlich profitiert EDF von einem in Europa ziemlich einmaligen Phänomen: Das Unternehmen expandiert in alle Welt, ist aber auf dem heimischen Strommarkt unangreifbar. Bisher hat der Staatskonzern in Frankreich ein nationales Monopol. Im Europa der freien Energiemärkte ist das ein Verstoß gegen Brüsseler Beschlüsse. Deshalb muss die französische Regierung den Markt in den kommenden Jahren öffnen. Der erste Schritt dafür wird bereits im Juli gemacht. Dann dürfen alle Unternehmer ihren Stromanbieter selbst wählen. In drei Jahren sollen dann auch die Privatkunden nicht länger an EDF gebunden sein. Für den französischen Konzern ein herber Schlag.

Privatisierung kommt

Nicolas Sarkozy Finanzminister Frankreich
Frankreichs Finanzminister Nicolas Sarkozy will das Unternehmen fit für Europa machenBild: AP

Damit das Unternehmen auch nach der Marktöffnung wettbewerbsfähig bleibt, will der französische Staat die Struktur des Konzerns verändern. Noch im Juni sollen die Abgeordneten über eine Umwandlung des Staatskonzerns in eine Aktiengesellschaft abstimmen. Danach kann und will der Staat Anteile der EDF verkaufen, um so frisches Kapital in das Unternehmen zu holen. Mitarbeiter, Gewerkschafter und Umweltschützer sind über die erst kürzlich bekannt gewordenen Pläne einer Teilprivatisierung entsetzt. Die an staatliche Sicherheit gewöhnten Franzosen fürchten Entlassungen, niedrigere Löhne und vor allem die Verschlechterung der Sicherheitsbedingungen in den Atomkraftwerken der EDF. Den Verkauf eines Teils der Staatsanteile werden sie nicht verhindern können. Doch Staatspräsident Chirac, Premier Raffarin und EDF-Chef Roussely haben fest versichert: Die Mehrheit der Anteile bleibt auch weiterhin beim französischen Staat.