Stadionbesuch mit fadem Beigeschmack
23. Juni 2014Ich gehöre zu den Glücklichen, die eine Karte für die Vorrunde ergattern konnten: Belgien gegen Russland. Zugegeben, keine Top-Begegnung. Aber in Rio nimmt man in diesen Tagen, was man kriegen kann, denn alle Spiele sind seit Monaten ausverkauft. Der Schwarzmarkt blüht. Aber anders, als ich es erwartet hätte.
Denn die meisten Tickets, die hier klammheimlich ihre Besitzer wechseln, stammen von den vielen Stadion-Arbeitern. Schon vor dem Eröffnungsspiel konnte ich beobachten, wie sie an der Copacabana von einer Touristenbar zur nächsten zogen und ihre Freikarten feilboten. 30.000 Tickets hat die FIFA an alle Arbeiter verteilt. Eine großzügige Geste, die dem Weltverband allerdings erst einfiel, nachdem Medien darüber berichtet hatten, dass sich ein Großteil der Arbeiter mit dem gezahlten Hungerlohn nie einen Stadionbesuch wird leisten können. Tatsächlich scheinen die finanziellen Nöte der Arbeiter größer als der Wunsch, dabei zu sein.
Bei meinem Besuch im Maracana mache ich den Test: Block 517, ganz oben in den letzten Reihen. Hier sind alle Plätze für die Arbeiter reserviert. Doch ich sehe Familien mit Kindern, eine Gruppe Jugendliche, ein junges Pärchen. Ich setze mich auf einen der wenigen leeren Sitze - gleich neben eine Brasilianerin, Mitte 40, die Haare blondiert, im grün-gelben Glitzer-Outfit. Ob ich ihre Karte sehen dürfe, frage ich? Ja, gerne, sagt sie, und strahlt: Nur 350 Euro habe sie dafür gezahlt. Auf dem Ticket steht: "Construction Worker – not for sale".
Die Partie zwischen Belgien und Russland verläuft schleppend, aber die Stimmung ist großartig. La-Ola-Wellen ziehen wieder und wieder ihre Runden durchs Maracana. Am Ende gewinnt Belgien mit 1:0. Die Dame neben mir lächelt noch einmal für ein Selfie in ihr Smartphone. Und auch ich kann den Besuch im Maracana auf meiner To-Do-Liste nun abhaken. In Erinnerung aber bleibt ein fader Beigeschmack.