Stare: Faszinierende Flugshow
Kunstflieger auf Tour: Starenschwärme fliegen in beeindruckenden Formationen und legen Tausende Kilometer auf dem Weg zu ihren Winterquartieren zurück. Doch der Bestand der Alltagsvögel ist bedroht.
Meister im Manövrieren
Wie ein Tanz am Himmel: Ein Starenschwarm schwebt über einer Mülldeponie bei Beerscheba in Israel. Mit ihren kurzen Flügeln gelingen den Tieren engste Wendungen - kaum eine andere Vogelart kann mit ähnlich waghalsigen Flugmanövern aufwarten. Die aus Tausenden Vögeln bestehenden Schwärme bilden oft ungewöhnliche Formationen. Das macht die Stare zu Stars für Naturfans und Fotografen.
Wellenformation über Wolkenkratzern
Was so mühelos wirkt, ist eine starke kognitive Leistung: Die synchronen, wellenartigen Bewegungen eines Schwarms entstehen, indem sich jeder Vogel innerhalb des Schwarms an bis zu sieben Vögeln in seiner Umgebung orientiert. Er versucht immer, zu diesen Vögeln im Flug die gleiche Position einzuhalten: etwa eine Flügelspanne Abstand.
Gesellige Gruppe
Einen Leitvogel brauchen Stare nicht. Verändert ein Tier seine Flugrichtung, passen sich alle anderen nach und nach an - deshalb ändert sich die Formation eines Schwarms ständig. Stare sind gesellige Vögel, die das ganze Jahr über in großen Gruppen leben und sich nur während der Nistzeit im Frühjahr separieren. In dieser Zeit schillert ihr sonst dunkles Federkleid übrigens in lila-grünen Nuancen.
Weite Winterreise
Die Vögel, die jetzt im Januar über Israel flattern, haben eine lange Reise hinter sich: Bis zu 2000 Kilometer legen sie auf ihrem Weg ins Winterquartier von Nord- und Mitteleuropa nach Nordwestafrika, den Mittelmeerraum und den Nahen Osten zurück. In den wärmeren Gefilden verbringen sie die Monate von Oktober bis Januar.
Fulminante Flieger
Im September und Oktober, vor dem Abflug ins Winterquartier, erreichen die Schwärme ihre größte Zahl. Der Flug im Schwarm ist vor allem eine Abwehrstrategie gegen Angriffe von Greifvögeln: Versucht ein Raubvogel, Beute zu machen, umzingeln und bedrängen ihn die Stare, bis er keinen Platz mehr hat, mit den Flügeln zu schlagen. Der Angreifer fällt dann einfach aus dem Schwarm heraus.
Schutz im Schwarm
Treffpunkt Israel: Andere Zugvögel, die noch fernere Winterquartiere aufsuchen, landen für einen Zwischenstopp in Israel. So wie dieser Storch, den das Gewimmel der kleinen Stare um ihn herum nicht zu stören scheint. Tatsächlich kommt es häufig vor, dass sich andere Vogelarten in den großen Starenschwärmen verstecken, um sich vor Angreifern zu schützen.
Lebendige Luftschlange
Doch der Flug im Schwarm bietet nicht nur Schutz vor Raubvögeln, sondern spart auch Energie: Mit dem Flügelschlag erzeugen die Vögel Luftwirbel, die anderen Schwarmmitgliedern Auftrieb geben. Auf langen Reisen wechseln Stare regelmäßig die Plätze - dieser Schwarm über Beerscheba hat sich zu einer langen Schlangenform ausgedeht.
Störende Stare
Besonders beliebt: Auch Rom gehört zu den bevorzugten Überwinterungsorten von Staren. Für die Zweibeiner in der italienischen Hauptstadt kann das durchaus belastend sein: Schwärme von oft über einer Million Vögel sorgen für ein ohrenbetäubendes Getöse - und auch über den unvermeidlichen Kot der Gäste aus dem Norden ärgern sich viele Römerinnen und Römer.
Frühe Vögel
Lange bleiben die Vögel allerdings nicht im Süden: Bereits Anfang Februar zieht es die Stare dann wieder nach Norden. Sie gehören zu den frühesten Rückkehrern unter den Zugvögeln. Und manche brechen gar nicht erst auf: Mit den milderen Wintern überwintern immer mehr Stare in verhältnismäßig warmen Regionen Westeuropas, etwa im Rheintal oder hier im südenglischen Brighton.
Bedrohter Bestand
Stare leben nicht nur in der Wildnis, sondern sind Dauergäste in Parks und Gärten - hier flattern sie bei Sonnenuntergang durch Toulouse. Die Präsenz der Vögel täuscht jedoch: Noch zählt der Star zwar zu den häufigsten Vogelarten in Europa, doch der Bestand der Kunstflieger nimmt ab. Seit Anfang der 1990er Jahre ist er um über ein Drittel zurückgegangen.
Kein Platz für Piepmätze
Die intensive Landwirtschaft schränkt den Lebensraum der Stare ein. Und weil alte Bäume häufiger gefällt werden, gibt es nicht genügend Bruthöhlen. Doch vor allem schwindet das Nahrungsangebot: Der Star findet nicht mehr ausreichend Würmer und Insekten. So könnte der Allerweltsvogel aus dem Alltag der Menschen verschwinden. In Deutschland steht er bereits auf der Roten Liste bedrohter Tierarten.