Datei freigeschaltet
30. März 2007Lange wurde darüber gestritten - Ende 2006 beschloss der Bundestag dann den Aufbau der so genannten Antiterrordatei. Freitag (30.3.) wurde die Datenbank, mit der Polizei und Nachrichtendienste erstmals direkt Daten von Terrorverdächtigen austauschen können, freigeschaltet. Während Schäuble und BKA-Präsident Jörg Ziercke die Vorzüge des Projekts lobten, wurden auch Befürchtungen hinsichtlich des Datenschutzes geäußert.
Die meisten erfassten Personen leben im Ausland
Offiziellen Angaben zufolge sind rund 15.000 Datensätze in der Antiterrordatei gespeichert. Die Gesamtzahl der erfassten Personen liegt bei 13.000. Weitaus den größten Anteil haben Daten von Verdächtigen im Ausland. Die Zahl der in Deutschland lebenden Erfassten macht weniger als ein Viertel aus. Nur ein kleiner Teil dieser Personen wird akut als "Gefährder" eingestuft.
Schäuble: Gefährdung Rechnung tragen
Bei der offiziellen Einweihung im Terrorismusabwehrzentrum in Berlin wies Schäuble mit Blick auf die misslungenen Kofferbomben-Anschläge darauf hin, dass Deutschland Ziel terroristischer Anschläge sei. Auch die Entführung der beiden Deutschen im Irak zeige, wie notwendig die Datei sei, die "den fachlichen Bedürfnissen bei der internationalen Terrorismusbekämpfung Rechnung" trage. Schäuble betonte, die Datei werde dem Datenschutz gerecht.
Datenschützer sehen "große Risiken"
Genau das sieht der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar anders. Dass auch Daten auf Grund von Hinweisen gesammelt würden, sei ein echtes Datenschutzproblem, erklärte er. So genannte Kontakt- oder Begleitpersonen könnten durch die Datei "ziemlich leicht in das Spektrum der Beobachtung der Nachrichtendienste gelangen", sagte Schaar.
Auch die frühere Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger kritisierte die Datei. "Es ist einfach ein zu durchlässiges System, es sind zu viele Daten", sagte die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk. Die notwendige Trennung zwischen den Daten der Polizei und den Daten der Geheimdienste sei nicht gegeben: "Das birgt ganz große Risiken."
Der brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm hingegen wies Kritik am Datenschutz zurück. "Ich glaube, der Gesetzgeber hat mit dem vorliegenden Gesetz eine gute Lösung gefunden", sagte er. Die Sorge eines Missbrauchs teile er nicht.
Wer hat Zugriff?
Auf die Antiterrordatei haben das Bundeskriminalamt, die Bundespolizeidirektion, die Landeskriminalämter, die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, der Militärische Abschirmdienst, der Bundesnachrichtendienst und das Zollkriminalamt Zugriff. Die Einrichtung kostete Schäuble zufolge 15 Millionen Euro, von denen der Bund rund zwei Drittel übernommen habe. Die jährlichen Betriebskosten seien mit einer Million Euro veranschlagt. Der Sitz der Datei ist beim Bundeskriminalamt in Wiesbaden. (vem)