Stau auf der Balkanroute
18. Oktober 2015Auf der sogenannten Balkanroute gibt es für viele Flüchtlinge derzeit kein Weiterkommen Richtung Westen. Im serbischen Grenzstadt Berkasovo warteten mindestens 20 Busse auf ihre Weiterfahrt nach Kroatien, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Tanjug. Viele Menschen mussten die Nacht in den Bussen verbringen und sich mit Decken gegen die Kälte schützen.
In Kroatien ist die Lage ähnlich. Wie das Innenministerium in Zagreb mitteilte, seien am Samstag 6400 Flüchtlinge angekommen. Etwa 3000 Menschen säßen weiterhin an der Grenze fest.
Überforderung in Slowenien
Der Rückstau kommt zustande, weil Slowenien sich mit den steigenden Flüchtlingszahlen, die das Land seit dem Wochenende zu bewältigen hat, überfordert sieht. Man könne lediglich 2500 Menschen pro Tag aufnehmen und registrieren, erklärten die Behörden. Mehr Kapazitäten habe das Land nicht. Die Grenzen zu Kroatien und Serbien überquerten in den vergangenen Wochen täglich rund 5000 Flüchtlinge - gut die Hälfte werden daher künftig an der slowenischen Grenze warten müssen.
Nachdem Ungarn seine Grenze zu Kroatien vollständig abgeriegelt hatte, richteten die Regierungen in Zagreb und Ljubljana für die Flüchtlinge eine Art "Korridor" ein. Die slowenische Regierung teilte mit, sie habe 8000 Übernachtungsplätze geschaffen. Zur Unterstützung der Polizei, würden Soldaten eingesetzt. Der Einsatz des Militärs bedeute jedoch nicht, dass sich Slowenien in einem Ausnahmezustand befinde, erklärte Regierungschef Miro Cerar. Die Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, Caroline van Buren, sagte, bis jetzt gehe in Slowenien "alles gut vonstatten".
Von Seiten der slowenischen Führung hieß es, man wolle den Flüchtlingstransit in Absprache mit Österreich so fortführen, solange Deutschland die Grenzen offen halte. Derzeit bringen die slowenischen Behörden die Schutzsuchenden an die Grenze zum österreichischen Bundesland Steiermark. Von dort geht es für die meisten weiter nach Deutschland.
Grenzzäune zu Österreich?
Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, forderte unterdessen einen Zaun an der Grenze zu Österreich. Seine Argumentation: "Unsere innere Ordnung ist in Gefahr, wir stehen vor sozialen Unruhen." Die geplanten Transitzonen seien nur sinnvoll, wenn man zugleich an der deutschen Südgrenze auch Zäune errichte, sagte der Gewerkschaftschef der Zeitung "Welt am Sonntag". Wendt führte aus, ein solcher Zaun könne eine Kettenreaktion auslösen. "Wenn wir auf diese Weise unsere Grenzen schließen, wird auch Österreich die Grenze zu Slowenien schließen, genau diesen Effekt brauchen wir".
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Freitag erstmals in der Frage der sogenannten Transitzonen klar Stellung bezogen und erklärt, sie wolle diese auch gegen den Widerstand des Koalitionspartners SPD durchsetzen. Die CDU-Vorsitzende äußerte sich dabei aber nur ungenau über die konkrete Ausgestaltung der Kontrollen. SPD-Politiker hatten die geplanten Zonen, in denen Flüchtlinge an der Grenze festgehalten werden sollen, wiederholt als "Grenzhaftlager" und "Internierungslager" bezeichnet.
Auf die Forderung Wendts erwiderte der Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung, Peter Altmaier: "Die große chinesische Mauer hat genauso wenig funktioniert wie die Mauer, die Erich Honecker und Walter Ulbricht mitten in Deutschland gebaut haben. Wir können noch so viele Rollen Stacheldraht ausrollen, das wird keine ausreichende Antwort auf diese Herausforderung sein." Forderungen nach einer Obergrenze für Flüchtlinge lehnte der CDU-Politiker ab.
nin/qu (dpa, afpe, rtr)