Steinbrück will neuen Aufbruch
17. August 2013Peer Steinbrücks Rede auf dem "Deutschlandfest" der Sozialdemokraten hatte fast den Charakter einer Regierungserklärung. Der 66-Jährige legte dar, was er nach der Bundestagswahl am 22. September machen will: "Ich will Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland werden."
"Mindestlohn sofort"
"Ich will, dass das sozial Gerechte mit dem wirtschaftlich Vernünftigen verbunden wird", erklärte Steinbrück. "Wir brauchen ein Bündnis der Starken mit den Schwachen." Eine seiner ersten Maßnahmen als Regierungschef werde die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde sein, kündigte der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten an. "Ich will mit Euch wieder einen Aufbruch für dieses Land erleben", rief Steinbrück unter dem Jubel vieler SPD-Anhänger und erinnerte an die Aufbruchzeiten unter Willy Brandt.
Offizieller Anlass des zweitägigen Festes ist das 150-jährige Bestehen der Sozialdemokratie.Der offizielle Festakt war bereits im Mai in Leipzig begangen worden. Nach SPD-Angaben strömten rund 300.000 Menschen auf die Festmeile im Herzen Berlins. Zwischenzeitlich mussten Eingänge geschlossen werden, hieß es. Der überwiegende Teil des Festes besteht aus einem bunten Kultur- und Unterhaltungsprogramm mit Auftritten unter anderem von Nena, Roland Kaiser, Fools Garden und Konstantin Wecker.
Der SPD-Herausforderer warf Bundeskanzlerin Angela Merkel vor, verantwortlich für politischen Stillstand zu sein. Die Kanzlerin verwalte das Land, aber gestalte nicht. Massive Kritik übte Steinbrück an der Euro-Krisen-Politik der schwarz-gelben Koalition. "Die noch amtierende Regierung nimmt in Kauf, dass die Krise viele Freunde und Nachbarn uns in Europa entfremdet." Merkels einseitig auf das Sparen ausgerichtete Politik sei falsch, nötig seien Wachstumsimpulse und eine Beteiligung der Banken an den Folgekosten der Schuldenkrise.
Die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende warnte derweil ihre Partei vor zu großer Siegesgewissheit. "Die Wahl ist alles, nur nicht gelaufen", sagte Merkel auf einer Kundgebung im niedersächsischen Cloppenburg. Der 22. September sei eine Weichenstellung. Wer glaube, sie bleibe ohnehin Kanzlerin, könnte sich möglicherweise wundern und Rot-Rot-Grün erleben. Es komme auf jede Stimme an, beschwor die Kanzlerin ihre Anhänger.
Nach dem jüngsten "Deutschlandtrend" des ARD-Fernsehens (siehe Video) würden die Unionsparteien 42 Prozent der Stimmen erhalten, wenn jetzt schon Bundestagswahl wäre. Die FDP kommt auf fünf Prozent. Die Sozialdemokraten liegen danach bei 25 Prozent, die Grünen bei 12 Prozent. Für die Linke würden acht Prozent der Wähler stimmen. Es sieht also derzeit nicht so aus, als würde Steinbrück am 23. September als Bundeskanzler aufwachen.
wl/gmf (dpa, afp, rtr)