Steinmeier im Iran: Atomvertrag nun umsetzen
18. Oktober 2015Anlässlich des Inkrafttretens des Abkommens zum iranischen Atomprogramm an diesem Sonntag hat Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier den Iran aufgerufen, die Vereinbarung nun genau umzusetzen. "Jetzt wird eine weitere wichtige Phase begonnen: Jetzt ist die Frage, ob der Iran zeigt, dass er seine Verpflichtungen erfüllt", sagte Steinmeier in Teheran. Dazu gehörten der Abbau von Zentrifugen und die Vernichtung angereicherten Urans.
Die Europäische Union will im Verlauf des Tages vorläufig die Aufhebung der Sanktionen gegen den Iran erklären. Greifen wird dies aber erst, wenn Teheran die Auflagen des Atomabkommens tatsächlich umsetzt. "Das wird aber sicherlich nicht vor Ende Januar der Fall sein", erklärte Steinmeier. "Insofern haben wir jetzt ein Vierteljahr vor uns, in dem es um die Erfüllung der Verpflichtungen geht. Wir werden das sehr genau beobachten. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser."
Das Abkommen, auf das sich die fünf UN-Vetomächte und Deutschland nach jahrelangen Verhandlungen mit dem Iran Mitte Juli in Wien geeinigt hatten, wird an diesem Sonntag wirksam. Es zielt darauf ab, dass der Iran keine Atombombe baut. Der Westen hatte den Iran mehr als ein Jahrzehnt lang verdächtigt, unter dem Deckmantel eines zivilen Atomprogramms an einer eigenen Atombombe zu arbeiten.
IAEA kontrolliert Umsetzung
Die als historisch geltende Vereinbarung von Wien regelt unter anderem, dass der Iran seinen Bestand an angereichertem Uran von 12.000 Kilogramm auf 300 Kilogramm verringern muss. Zudem ist der im Bau befindliche Schwerwasserreaktor Arak, der bisher waffenfähiges Plutonium hätte erzeugen können, zu einem Leichtwasserreaktor umzurüsten. Die einzelnen Punkte des Umsetzungsplans werden von der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) streng überwacht.
In der iranischen Hauptstadt hatte Steinmeier am Samstag mit Präsident Hassan Rohani (Artikelbild) und Parlamentspräsident Ali Laridschani gesprochen. Dabei habe es ein gemeinsames Bekenntnis "zur Fortsetzung der Anstrengungen aller (Beteiligten) zu einer zügigen und vollständigen Umsetzung" des Atomabkommens gegeben, heiß es aus deutschen Delegationskreisen. In Bezug auf den Syrienkrieg sei es um "Möglichkeiten und Chancen" gegangen, "die aktuelle Sprachlosigkeit zu überwinden und den Einstieg in einen politischen Prozess zu schaffen". Beide Seiten wollten zudem einen Ausbau der kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen.
Auf dem Besuchsprogramm Steinmeiers stehen an diesem Sonntag Treffen mit dem Präsidenten des iranischen Schlichtungsrats und früheren Staatspräsidenten, Ali Akbar Haschemi Rafsandschani, sowie dem Sekretär des Obersten Nationalen Sicherheitsrats, Ali Schamchani. Der Schlichtungsrat vermittelt zwischen dem zwölfköpfigen Wächterrat und dem Parlament und soll mögliche Pattsituationen in der iranischen Gesetzgebung aufheben. Der Oberste Nationale Sicherheitsrat wird zur Sicherung der nationalen Interessen und zur Erhaltung der Islamischen Revolution, der nationalen Souveränität und der territorialen Integrität des Iran gebildet. Steinmeier besucht zudem eine Alumni-Veranstaltung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) an der Universität von Teheran.
Nächste Station: Riad
Noch im Lauf des Tages reist Steinmeier weiter nach Saudi-Arabien, wo er unter anderem König Salman sowie den Chef des Golfkooperationsrats, Abdellatif Sajani, treffen will. Im Bemühen um einen Frieden in Syrien erwartet der Außenminister dort ebenso wie zuvor im Iran "schwierige Gespräche". Er sei sicher, dass er "mit ähnlich gemischten Eindrücken aus Saudi-Arabien zurückkehren" werde, sagte der SPD-Politiker. Entscheidend sei in dieser Phase jedoch, "dass wir das Gespräch am Laufen halten". Als Ziel gab er an, als "Brückenbauer" dafür zu sorgen, dass sich die Länder, die für eine friedliche Lösung in Syrien wichtig sind, gemeinsam an einen Tisch setzen.
Zu den Schlüsselstaaten in dem Konflikt gehört der Iran, da das Land den syrischen Machthaber Baschar al-Assad unterstützt. Saudi-Arabien hilft hingegen den gegen Assad kämpfenden Rebellen und geht mit Luftangriffen gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) vor. Die beiden Kontrahenten lehnen direkte Gespräche entscheiden ab.
kle/wa (afp, rtr, dpa)