Ukraine-Krise: Keine Lösung in Sicht
19. November 2014Die Reise des deutschen Außenministers nach Kiew und Moskau hat offenbar keine Fortschritte gebracht. "Wir sind nach Lage der Dinge leider immer noch weit entfernt von einer Entschärfung des Konflikts um die Ukraine", sagte Frank-Walter Steinmeier nach einem Treffen mit seinem polnischen Amtskollegen Grzegorz Schetyna in Berlin. Trotzdem müsse man weiter an einer politischen Lösung arbeiten. Derzeit drohe die Lage erneut zu eskalieren. Man steuere auf einen Zustand zu, den man im September schon einmal hinter sich gelassen hatte.
Anfang September hatten die Rebellen und die Regierung der Ukraine in der weißrussischen Stadt Minsk ein Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet. Russland und die Vertreter westlicher Staaten waren an dem Zustandekommen der Vereinbarung beteiligt. Inzwischen wurde die Waffenruhe jedoch mehrfach durchbrochen. Kiew und der Westen werfen Moskau vor, die Separatisten zu unterstützen und die Ostukraine zu destabilisieren. Steinmeier plädierte dafür, das Minsker Protokoll nicht aufzugeben. "Das kleine Momentum, das uns Minsk gebracht hat, droht verloren zu gehen", warnte er. Manche Kollegen würden daher fragen, ob das Abkommen überhaupt noch Bestand habe. Es sei aber das einzige Dokument, das man derzeit habe und auf das man sich stützen könne. Darum müsse man weiter daran arbeiten, dass es nun auch umgesetzt werde. Diese Erwartung habe er auch in Moskau bei seinen Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und Außenminister Sergej Lawrow zum Ausdruck gebracht.
"Die Annexion der Krim ist nicht hinnehmbar"
Kein Verständnis zeigte Steinmeier für Forderungen seines Parteifreundes Matthias Platzeck, die Annexion der Krim durch Russland hinzunehmen. Der frühere Ministerpräsident von Brandenburg und Vorsitzende des Deutsch-Russischen Forums hatte in einem Interview gesagt, man sollte Russland in dieser Frage nachgeben. "Der Klügere gibt auch mal nach", sagte er der "Passauer Neuen Presse". Später war er davon jedoch wieder abgerückt und hatte stattdessen darum geworben, das Krimproblem zwischen Moskau und Kiew völkerrechtlich zu regeln. Steinmeier bekräftigte, dass eine Anerkennung der Annexion der Krim für ihn nicht in Frage komme. "Ich habe meine Haltung viele Male gesagt: Das ist eine klare Verletzung des Völkerrechts, die dort stattgefunden hat. Die können wir nicht billigen und auch nicht anerkennen", sagte er.
Am Dienstag (18.11.) hatte Steinmeier in Kiew und Moskau Gespräche über eine Deeskalation in der Ostukraine geführt. In Moskau war er überraschend auch von Präsident Putin empfangen worden. In seinen Gesprächen mit der russischen Führung seien die gravierend unterschiedlichen Wahrnehmungen der Geschehnisse in der Ukraine in den letzten acht Monaten klar zutage getreten. Er habe aber "die Chance genutzt, zu sagen, wo nach unserer Wahrnehmung die Prioritäten bei der Umsetzung des Minsker Protokolls liegen müssen und wo Moskau seinen Beitrag leisten kann." Dabei müsse man sich auch den "Mühen des Details" widmen, um neue Ansatzpunkte zu finden.
Keine Gespräche mit Beteiligung des Westens
Der russische Außenminister Lawrow hat unterdessen den Forderungen der Kiewer Regierung nach direkten Gesprächen mit Russland unter Beteiligung von EU und der USA eine Absage erteilt. In Moskau sagte er, der einzige praktikable Lösungsweg seien Gespräche zwischen den Ukraine und den Aufständischen innerhalb der sogenannten Kontaktgruppe. Ihr gehören neben der Ukraine und Russland die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und die prorussischen Separatisten an. Es sei kriminell, die Kontaktgruppe zu torpedieren, sagte Lawrow. Auch der ehemalige Präsident der Sowjetunion Michail Gorbatschow schaltete sich mittlerweile in die Debatte um die Krim ein. Der Zeitung "Komsomolskaja Prawda" sagte er, man dürfe die Krim nicht von Russland losreißen. Bei seinem kürzlichen Besuch in Berlin habe er den Eindruck gewonnen, dass sich der Westen mit der Annexion der Krim abgefunden habe.