Sterbende Sprachen
17. September 2002Immerhin 6500 unterschiedliche Sprachen gibt es weltweit. Das hat die Kulturorganisation der Vereinten Nationen (UNESCO) ermittelt. Obwohl die Weltbevölkerung stetig wächst, geht die Zahl der Sprachen jedoch zurück. Und das noch nie so drastisch wie in den letzten Jahrzehnten: Bereits die Hälfte, also mehr als 3000 Sprachen, könnten aus dem Sprachgebrauch verschwunden sein, warnt die UNESCO.
Doch nicht nur die Sprachen sterben, sondern auch die Kulturen, in denen sie gesprochen werden. Damit geht auch das durch die Sprachen transportierte Wissen unweigerlich verloren, weil es nicht aufgezeichnet wird.
Weltsprachen verdrängen Minderheitensprachen
Beispiel Australien: In den vergangenen 100 Jahren seien dort Hunderte Sprachen der Ureinwohner verschwunden. Der Grund liegt in der australischen Politik, die Kultur der Aborigines an die moderne Zivilisation anzupassen und ihnen die Amts- und Weltsprache Englisch aufzudrängen.
Aber auch Französisch, Spanisch, Chinesisch oder Russisch verdrängen andere Sprachen, weil sie in Zeiten der Globalisierung immer mehr als Standardsprache eingefordert werden. Insbesondere der Nationalstaatsgedanke trägt in diesen Ländern dazu bei, dass dort andere Sprachen weniger gesprochen und gefördert werden. Vor dieser Entwicklung warnt die Gesellschaft für bedrohte Sprachen.
Bayern und Friesen
Unter dem Begriff der Vielfalt der Sprachen fassen die Sprachforscher aber nicht nur eigene Sprachen zusammen, sondern auch die darin kursierenden Dialekte. Die können in einem Land so unterschiedlich sein, dass sich beispielsweise ein Oberbayer und ein Norddeutscher kaum verstehen könnten, wenn sie oberbayrisch und plattdeutsch miteinander redeten.
Reich an Sprachen sind vor allem die asiatischen Länder: Dort gibt es 2200, in Papua-Neuguinea werden 800 gesprochen -Europa kommt lediglich auf 230.
Zurück zu den Sprachwurzeln
Nur in wenigen Ländern wird der Erhalt der ureigenen Sprache noch gefördert. In Irland beispielsweise war die irische Sprache, das Gälische, im 17. und 18. Jahrhundert durch die Okkupation der Engländer nahezu ausgestorben. Wer es in der Öffentlichkeit dennoch sprach, wurde mit Schlägen bestraft. Doch die Iren umgingen das Verbot. Sie pflegten die Sprache und die nur mündlich weitergegeben Sagen und Mythen, indem sie sich in sogenannten "hedge schools" trafen.Nach der Ausrufung der Republik im Jahr 1921 wurde Irisch als erste Sprache in Behörden und Schulen wieder eingeführt und bis heute beibehalten. Wenn auch das Pflichtfach von Schülern nicht immer beliebt ist.