Stichwort: Das irakische Sondertribunal
5. November 2006Aus Sicherheitsgründen werden die Sitzungen des Gerichts stets mit zeitlicher Verzögerung im Fernsehen übertragen. Teilweise wurden auch Szenen aus dem Gerichtssaal zensiert und entweder gar nicht oder ohne Ton gezeigt.
Das Gericht war noch von der US-Besatzungsverwaltung im Dezember 2003 eingerichtet und mit einem Statut versehen worden. Es ist zuständig für alle Personen, die zwischen dem 17. Juli 1968 (Machtergreifung der Baath-Partei) und dem 1. Mai 2003 schwere politische Verbrechen begangen haben.
Das Statut zählt auf: Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen, Manipulation der Justiz, Vergeudung und Veruntreuung von öffentlichen Geldern und Ressourcen sowie die Kriegsführung gegen ein anderes arabisches Land (gemeint ist Kuwait). Das Strafmaß wird nach irakischem Strafrecht verhängt. Höchststrafe ist die Todesstrafe, die von der US-Besatzungsverwaltung nach dem Krieg erst abgeschafft und später von den Irakern wieder eingeführt worden war.
Irakische Regierung mischte sich in den Prozess ein
Das Sondergericht hat mehrere Strafsenate zu je fünf Richtern sowie einen Berufungssenat mit neun Richtern. Nur die Vorsitzenden Richter sind der Öffentlichkeit namentlich und mit ihren Gesichtern bekannt. Die irakische Regierung hatte sich in die beiden Prozesse gegen Saddam Hussein wegen des Massakers von Dudschail und des Völkermordes an den Kurden mehrfach in das Verfahren eingemischt, auch wenn dies offiziell nicht so dargestellt wurde. Richter, die einflussreichen Regierungsmitgliedern als "zu lasch" erschienen, wurden ausgetauscht.
Die Ermittlungen waren von dem jungen Untersuchungsrichter Raid Dschuhi geleitet worden. Das Sondertribunal hat seinen Sitz in der so genannten Grünen Zone, einem streng gesicherten Gebiet im Herzen von Bagdad, in dem das irakische Parlament tagt und die US-Botschaft liegt.
Vertreten wird der Ex-Präsident sowohl im Dudschail-Prozess als auch im Prozess wegen des Völkermordes an den Kurden von einem internationalen Verteidigerteam, das der irakische Rechtsanwalt Chalil al-Dulaimi leitet. (dpa/je)