Stichwort: Nobelpreise
11. Oktober 2007Mit der Stiftung der Nobelpreise wollte der schwedische Forscher und Großindustrielle Alfred Nobel (1833-1896) einen Konflikt lösen, der sein Leben bestimmte: Der Dynamit-Erfinder konnte nicht verwinden, dass seine Entdeckung für den Krieg genutzt wurde. Als "Wiedergutmachung" vermachte er sein Vermögen einer Stiftung, aus deren Zinsen Preise für jene finanziert werden sollten, die "im verflossenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen geleistet haben". Nobel selbst hatte mehr als 350 Patente angemeldet.
Die Richtlinien
In seinem Testament legte er die Bedingungen für die Nobelpreise fest: Friedenspreisträger sollte sein, wer für die "Verbrüderung der Völker", für die Verringerung der Zahl der Soldaten oder für Friedenskongresse gewirkt habe. Auf dem Gebiet der Literatur sollte ausgezeichnet werden, wer sich "in idealistischer Richtung" besonders verdient gemacht habe. In der Naturwissenschaft geht es in Physik, Chemie und Medizin um die "wichtigste Entdeckung, Erfindung oder Verbesserung", wie Nobel verfügte.
Nobel starb 1896 mit 63 Jahren. 1901 wurden die Preise das erste Mal verliehen. Die Bestimmung über das "verflossene Jahr" ließ sich nicht halten, da sich der Wert mancher Entdeckungen erst später zeigt. Bis zu drei Menschen können sich eine Auszeichnung teilen; der Friedensnobelpreis wurde auch schon an Organisationen verliehen. Die Dotierung hat sich mit den Jahren erhöht - von 150.800 Kronen im Jahr 1901 auf inzwischen 10 Millionen Kronen (1,1 Millionen Euro). Höhepunkt ist stets die festliche Verleihung der Nobelpreise am 10. Dezember, dem Todestag Nobels.
Die Auswahlgremien
Die Preisträger für Physik und Chemie werden immer von der Königlich-Schwedischen Akademie der Wissenschaften ausgewählt. Die Geehrten auf dem Gebiet der Medizin bestimmt das Karolinska Institut in Stockholm, die Literaturpreisträger sucht die Königlich-Schwedische Akademie der Künste aus. Ein Ausschuss des norwegischen Parlaments in Oslo wählt die Friedenspreisträger aus. Neben den klassischen Nobelpreisen gibt es seit 1969 auch eine Ehrung für Wirtschaft, gestiftet von der Schwedischen Reichsbank. Seit 1980 vergibt die "Stiftung für richtige Lebensführung" (Right Livelihood Foundation) die Right Livelihood Awards, die oft als Alternative Nobelpreise bezeichnet werden.
Die Orientierung an "altehrwürdigen Forschungsgebieten" Medizin, Physik und Chemie wurde jedoch in der Vergangenheit auch häufig als wissenschaftlich überholt kritisiert. Schließlich wurden die Preise gestiftet, als die Menschheit weder Radioaktivität noch die modernen Filmtechniken kannte. Die Bereiche Klimaforschung oder Ökologie seien zum Beispiel nicht einfach zuzuordnen, sagt Donald Kennedy. Der Chefredakteur der renommierten Fachzeitschrift "Science" räumt ein, "dass es immer wichtigere Forschungsgebiete gibt, die von den Nobelpreisen nicht abgedeckt werden".
Veraltete Kategorien?
Die Schaffung neuer Preiskategorien schließt das Nobelkomitee allerdings kategorisch aus, wie sein Vorsitzender Michael Sohlman betont. Da wundert es nicht, dass neuartige Forschungsgebiete längst ihre eigenen Auszeichnungen geschaffen haben. So gibt es schon seit 1936 die Fields-Medaille, die auch als "Nobelpreis der Mathematik" bezeichnet wird. Seit 2002 gibt es zudem den in Finnland geschaffenen Millennium Technology Prize, der Innovationen auszeichnet, die die Lebensqualität verbessern. "Es gab vorher keine internationale Auszeichnung für Ingenieurleistungen oder Technologie", erläutert Tapio Alvesalo, Generalsekretär der Stiftung Millennium Technology Prize.
Nobel-Vorsitzender Sohlman räumt ein, dass es "heute viele rein technologische Durchbrüche gibt, die sehr wichtig sind" und die von den Preisen nicht abgedeckt werden. Zugleich macht er aber geltend, dass die begehrte Auszeichnung durchaus mit ihrer Zeit Schritt halte. Ein Beispiel ist auch der diesjährige Medizin-Nobelpreis, der eigentlich für biologische Forschungen verliehen wurde. (ina)