Stiftung für Braunkohleausstieg?
20. Oktober 2015Die Umweltorganisation Greenpeace will die Braunkohlesparte vom schwedischen Energiekonzern Vattenfall, die Tagebaue und Kraftwerke in Ostdeutschland, in eine gemeinnützige Stiftung überführen.
Ziel der Stiftung soll der sozialverträgliche Ausstieg aus der Kohleverstromung bis zum Jahr 2030 sein und der Umbau des Konzerns zu einem Erneuerbare-Energie-Unternehmen. "Wir werden die Verantwortung für den Klimaschutz, die Gesundheit der Menschen und einen erfolgreichen Strukturwandel in der ostdeutschen Lausitz übernehmen, wenn Vattenfall und die schwedische Regierung dies nicht tun", sagt Annika Jacobson von Greenpeace in Schweden. "Es ist eine große Chance, aus dem schmutzigen Braunkohlegeschäft eine erneuerbare Zukunft für die Menschen in der Region zu machen."
Um im Verkaufsprozess zu bleiben, gab Greenpeace jetzt ein offizielles Angebot bei der US-Bank Citigroup ab, die den Verkauf für Vattenfall abwickelt.
Braunkohle wird zum Verlustgeschäft
Mit dem Angebot, dem sogenannten 'Statement of Interest' legt Greenpeace auch eine Kalkulation für den Wert der Kohlesparte von Vattenfall vor. Nach Berechnungen des Beratungsunternehmen Energy Brainpool im Auftrag von Greenpeace werden mit den ostdeutschen Braunkohlekraftwerken bis 2030 noch rund 470 Millionen Euro verdient.
Hinzu kommen jedoch noch hohe Folgekosten für die Renaturierung der Tagebaue und den Rückbau der Kraftwerke, die nach Berechnungen von Greenpeace mehr als zwei Milliarden Euro betragen. Unter dem Strich bräuchte die Stiftung für die Abwicklung der Braunkohle in Deutschland somit Geld. Mit dem Stiftungsmodell will Greenpeace zudem vorsorgen, dass spätere Generationen nicht für die Folgeschäden der Braunkohleverstromung aufkommen müssen. "Wer die enormen Folgekosten ignoriert, baut darauf, dass einer anderer sie bezahlt, höchstwahrscheinlich der deutsche Staat und der Steuerzahler", so Jacobson.
Deutscher Steinkohleausstieg als Vorbild
Ein Vorbild für die Abwicklung der ostdeutschen Braunkohleverstromung ist die RAG-Stiftung im westdeutschen Ruhrgebiet. Die 2007 gegründete RAG-Stiftung gewährleistet die sozialverträgliche Beendigung des deutschen Steinkohlebergbaus und kommt auch für die langfristigen Folgekosten auf. Das Geld stammt von den Bergbauunternehmen.
Das Stiftungskapital zum Umbau der ostdeutschen Braunkohleregion sollte nach Ansicht von Greenpeace vor allem vom schwedischen Staat kommen, dem Vattenfall zu 100 Prozent gehört. "Die Verantwortlichen, die bisher Geld mit der Braunkohle verdienten, müssen auch für die Folgekosten aufkommen", betont Susanne Neubronner von Greenpeace Deutschland.
Nach Angaben von Neubronner könnte Schweden das Stiftungskapital zum Beispiel aus der gewinnträchtigen Wasserkraftsparte von Vattenfall aufbringen. Die Rot-Grüne schwedische Regierung solle "hier Verantwortung für den klimaverträglichen Strukturwandel übernehmen und zugleich neue Arbeitsplätze in Bereich der erneuerbaren Energien aufbauen", ergänzt Jacobson.
Nachhaltiger Umbau statt kurzfristiger Profit
Nach Angaben von Greenpeace haben auch die beiden tschechischen Energieunternehmen CEZ und EPH Kaufinteresse an der ostdeutschen Braunkohlesparte signalisiert. Die Braunkohle aus den Tagebauen könnte in den benachbarten Kohlekraftwerken verfeuert werden und somit über Jahrzehnte einen Großteil der tschechischen Stromversorgung abdecken.
Für den Klimaschutz wäre dieser Verkauf jedoch fatal, weil damit die klimaschädliche Braunkohleverstromung weiter betrieben würde. "Hier muss der schwedische Staat Verantwortung für das Klima übernehmen", betont Jacobson und bittet auch die deutsche Regierung "im Vorfeld der Weltklimakonferenz in Paris" um Unterstützung.
Nach Einschätzung von Greenpeace könnte der nachhaltige Umbau der ostdeutschen Braunkohleregion auch ein Modell mit weltweiter Signalwirkung sein. "Das ist eine Chance für Vattenfall und Schweden, das Schule machen kann und beiden ein positives Image gibt", so Neubronner.