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Strategie gegen "Islamischen Staat" gesucht

Andreas Gorzewski9. September 2014

Der "Islamische Staat" ist allein mit Luftschlägen im Irak nicht zu besiegen. Angriffe auf die Terrormiliz auch in Syrien würden jedoch dem Assad-Regime helfen. Experten zufolge ist eine differenzierte Strategie nötig.

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IS-Kämpfer auf einem Panzer in Rakka (Foto: AP)
Bild: picture alliance/AP Photo

Die sunnitische Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS, vormals ISIS) hat ihre Herrschaft in weiten Teilen Syriens und des Irak gefestigt. Zwar haben irakische Kurden und Schiiten die IS-Kämpfer dank US-Luftunterstützung aus einigen Orten zurückgedrängt, doch in Syrien eroberten die Dschihadisten einen strategisch wichtigen Militärflughafen. Ein entscheidender Sieg über die IS-Verbände scheint in weiter Ferne zu liegen. Dafür fehlt bislang auch eine klare Strategie, wie die Terrorgruppe grenzübergreifend bekämpft werden kann.

Die Gebiete unter IS-Kontrolle im Norden und Westen des Irak und im Nordosten Syriens hängen zusammen. Die radikalen Kämpfer können ihre schweren Waffen, darunter im Irak erbeutete Panzer und Artillerie, beliebig zwischen den beiden Ländern verschieben. Vor allem Syrien dient ihnen als Rückzugsraum. Deshalb können US-Luftangriffe allein im Irak den "Islamischen Staat" nicht ernsthaft schwächen, meint André Bank, Nahost-Experte beim Hamburger GIGA-Institut. "Das hat keinen Sinn, wenn man den IS mittelfristig aus der Region vertreiben möchte", sagt Bank im DW-Gespräch. Für eine nachhaltige Lösung sei eine umfassendere, vor allem auch nicht-militärische Strategie notwendig. Zum militärischen Teil gehöre jedoch, die Angriffe auch auf Syrien auszuweiten.

Voraussetzungen in Syrien und Irak verschieden

Allerdings sind die politischen Voraussetzungen für Luftschläge in Syrien anders als im Irak. Während die US-Luftwaffe im Irak auf Bitten der Regierung in Bagdad eingreift, ist solch eine Aufforderung aus Syrien nicht zu erwarten. Das Regime von Präsident Baschar al-Assad steht dem Westen feindlich gegenüber. Auch Russland und der Iran als Verbündete von Assad haben bislang alle weitergehenden Initiativen des Westens und der arabischen Staaten zu Syrien abgelehnt. Russland blockierte mit seinem Veto mehrere Resolutionen des UN-Sicherheitsrates. Allerdings waren diese Initiativen gegen das Regime in Damaskus gerichtet. Im Kampf gegen den "Islamischen Staat" gebe es nun auch Interessenübereinstimmungen zwischen dem Westen, Russland und dem Iran, sagt der Hamburger Forscher. Alle Seiten würden den radikal-sunnitischen Dschihadismus als massive Bedrohung ansehen.

Problematisch wären Luftschläge gegen IS-Ziele in Syrien auch, weil sie indirekt dem Regime in Damaskus zugute kämen. Die Assad-Regierung hat ihre Gegner im mittlerweile dreieinhalbjährigen Bürgerkrieg massiv geschwächt, indem sie vor allem gegen die säkularen Widerstandsgruppen kämpfte und die radikalen Islamisten offenbar lange gewähren ließ. Das half der Terrorgruppe IS, ihre Position in Syrien auszubauen.

IS-Kämpfer mit Fahnen in einem Propagandavideo (Foto: picture alliance/abaca)
IS wirbt mit einer umfangreichen Propaganda für seinen Krieg in Syrien und dem IrakBild: picture alliance/abaca

Bank zufolge hat das Assad-Regime ein starkes Interesse, dass der IS - wenn auch geschwächt - auf syrischem Territorium weiter besteht. Man brauche den IS, um immer wieder die Rhetorik von "Wir sind hier ein säkulares Regime, wir kämpfen hier gegen die Terroristen" aufrechtzuerhalten. Tatsächlich werden dem Regime jedoch schwerste Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen vorgeworfen. Deshalb mahnt Bank, dass ein Vorgehen gegen IS auf syrischem Gebiet keinesfalls dem Regime helfen dürfte. "Es gibt aber leider Anzeichen, dass genau das aktuell passiert", kritisiert er.

Obama muss Strategie darlegen

Wie sich die USA den weiteren Kampf gegen IS vorstellen, will US-Präsident Barack Obama am kommenden Mittwoch erläutern. Michael Stephens, Vizedirektor des Nahostbüros der britischen Sicherheits-Denkfabrik Royal United Services Institute (RUSI), erwartet von der Obama-Rede dreierlei. Zunächst müsse der US-Präsident die Ziele des militärischen Engagements genauer definieren. Darüber hinaus müsse er darlegen, welche Rolle die sunnitisch geprägten Staaten der Region spielen sollen. "Sind sie Teil einer Entwicklungsstrategie oder einer Militärstrategie?" fragt Stephens mit Blick auf die arabischen Golfstaaten. An dritter Stelle sei ein humanitärer Plan nötig. So müsse deutlich werden, was mit den vom IS beherrschten Gebieten geschehen solle.

Stephens wie auch GIGA-Experte Bank betonen, dass neben Militärschlägen vor allem politische und humanitäre Faktoren wichtig seien. IS ist auch Ausdruck politischer, gesellschaftlicher und konfessioneller Probleme in der Region. Im Irak konnte IS stark werden, weil sich viele Sunniten in dem mehrheitlich schiitischen Land diskriminiert fühlen. Trotzdem gebe es im Zweistromland noch eine Art Nationalgefühl, sagt Stephens. Daran könnten mögliche politische Lösungsversuche anknüpfen. Bagdad müsste dafür allerdings anfangen, sich ernsthaft um seine Provinzen zu kümmern. In Syrien werde das kaum noch möglich sein. "Syrien existiert als Staat eigentlich nicht mehr", beurteilt Stephens die Lage. Selbst wenn der "Islamische Staat" dort besiegt werde, stelle sich die Frage, was an dessen Stelle trete. "Soll dann einfach wieder das Regime die Kontrolle über das Gebiet übernehmen?" fragt der RUSI-Experte kritisch. Das würden die Menschen in den von der Terrorgruppe IS beherrschten Städten wie Rakka und Deir al-Sor ihm zufolge wohl nicht akzeptieren.

US-Kampfflugzeug auf dem Flugzeugträger USS George H.W. Bush (Foto: EPA)
US-Kampfjets fliegen Angriffe auf IS-Ziele im IrakBild: picture-alliance//epa/US Navy
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