Streikwelle gegen Sparpolitik
14. November 2012In Spanien und Portugal brachte ein 24-stündiger "gesamt-iberischer" Generalstreik das Wirtschaftsleben teilweise zum Erliegen. Die spanischen Gewerkschaften, die aus Protest gegen die Sparpolitik der konservativen Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy zu den Arbeitsniederlegungen aufgerufen hatten, sprachen von einem großen Erfolg. Streikposten positionierten sich vor Fabriken, Geschäften, Großmärkten und Bahnhöfen der größeren Städte des Landes, für U-Bahnen und Busse gab es nur noch einen Mindestbetrieb.
In Madrid und Barcelona kam es im Anschluss an die Kundgebungen zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Auf dem Neptunplatz in der spanischen Hauptstadt versammelten sich etwa 100 Demonstranten und bewarfen die Polizisten mit Gegenständen. Die Beamten gingen mit Schlagstöcken gegen die Randalierer vor. In Barcelona wurden zudem zwei Polizeifahrzeuge in Brand geset zt.
Krawalle Spanien und Portugal
In Portugal war der Generalstreik nach Berichten von Korrespondenten im öffentlichen Leben noch stärker zu spüren als im benachbarten Spanien. In den Straßen Lissabons und anderer Städte türmte sich der Müll, in zahlreichen Krankenhäusern gab es nur Notdienste, in den Schulen fiel der Unterricht aus. Der öffentliche Verkehr kam fast zum Erliegen. Die Fluggesellschaften sagten auf der iberischen Halbinsel wegen der Streiks hunderte Flüge ab. Betroffen waren auch Verbindungen von und nach Deutschland.
Vor dem Parlamentsgebäude in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon kam es am Abend vereinzelt zu Ausbrüchen von Gewalt. Nachdem Demonstranten Polizisten mit Steinen, Flaschen, Böllern und Farbbeuteln beworfen hatten, gingen die Beamten massiv gegen die Protestierenden vor. Dabei setzten sie Hunde, Schutzschilder und Schlagstöcke ein. Vereinzelt solle Polizisten auch in die Luft gefeuert haben.
In Spanien war es bereits der zweite Generalstreik in diesem Jahr, in Portugal der dritte binnen zwölf Monaten.
Europäische Solidarität
In zahlreichen französischen Städten wie Paris, Marseille und Lille folgten tausende Menschen dem Aufruf der Gewerkschaften und gingen unter dem Motto "Für Arbeitsplätze, Solidarität in Europa und gegen die Sparpolitik" auf die Straße. In Belgien legte ein 24-stündiger Eisenbahnerstreik den Zugverkehr weitgehend lahm.
Bei Demonstrationen gegen die Sparpolitik der Regierung Monti in Italien kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Krawallmachern und der Polizei. In Rom setzte die Polizei Tränengas ein und rückte mit gepanzerten Fahrzeugen vor, um randalierende Schüler und Studenten vom Tiber-Ufer zu vertreiben. Diese hatten zuvor Steine, Flaschen und Sprengsätze auf die Polizei geworfen. In Turin wurden drei Polizisten bei Krawallen verletzt, einer von ihnen schwer. In Neapel besetzten Schüler und Studenten zeitweise die Gleise des Hauptbahnhofs.
Auch im hoch verschuldeten Griechenland riefen die Gewerkschaften die Beschäftigten zu einem mehrstündigen Ausstand auf. Auswirkungen auf den Flug- und den in Griechenland wichtigen Fährverkehr gab es aber nicht.
Auch Deutschland macht mit
In Deutschland solidarisieren sich Gewerkschaften, SPD und Links-Partei mit den Streikenden. DGB-Chef Michael Sommer erklärte, die Spar- und Kürzungspolitik funktioniere nicht. "Es ist nicht nur sinnlos, sondern auch gefährlich, der Krise hinterher zu sparen." Stattdessen müsse die Krise mit einem "umfassenden Wachstums- und Investitionsprogramm" bekämpft werden, verlangte der Gewerkschaftsführer.
Länderübergreifende Streiks hatte die EU in solch einer massiven Form bislang noch nicht erlebt. In der Eurozone liegt die Arbeitslosenquote mit aktuell 11,6 Prozent auf einem Rekordhoch.
gmf/wl/uh (dpa, dapd, afp, rtr)