Klimaschutz
20. Februar 2012In der russischen Hauptstadt beraten am Dienstag und Mittwoch (21./22.02.2012) Vertreter von Regierungen und Fluglinien über ihre Strategie im Kampf gegen die Luftverschmutzungsabgabe. Sie stören sich daran, dass seit Anfang 2012 alle Fluglinien, deren Maschinen in Europa starten oder landen, Zertifikate für den verursachten Kohlenstoffdioxidausstoß vorweisen sollen. Sollten sie zu viel CO2 ausstoßen, müssen sie dafür zahlen. Die Europäische Kommission legt jährlich die Maximallmenge an Treibhausgasen fest, die der Flugverkehr in der EU insgesamt ausstoßen darf. Für genau diese Menge an Treibhausgasen stellt die Kommission dann Emissionszertifikate aus, die gehandelt werden können.
Flugverbote als Strafe
Die Fluggesellschaften erhalten 82 Prozent der Zertifikate kostenlos; 15 Prozent müssen sie ersteigern, weitere drei Prozent werden als Reserve für neue Fluggesellschaften vorgehalten. Sie dürfen in diesem System nur so viele CO2-Emissionen ausstoßen, wie sie Zertifikate besitzen oder von anderen Fluggesellschaften erwerben, das heißt, mit diesen Rechten handeln. Bei Übertretungen sieht das Gesetz Strafen von 100 Euro pro Tonne CO2 vor. Es könnten sogar Flugverbote verhängt werden
Das soll helfen, die CO2-Emissionen im Luftverkehr zu begrenzen. Denn die Luftverkehrsemissionen in der EU sind schnell gewachsen und haben sich seit 1990 fast verdoppelt. Schätzungen zufolge erzeugt ein Flugzeug auf einem Flug von Brüssel nach New York und zurück rund 800 Kilogramm CO2 pro Passagier. Natur- und Umweltschutzorganisationen hoffen nun, dass die EU-Regelung dazu führen wird, die Sitzauslastung in den Maschinen zu verbessern, das Flugmanagement hin zu weniger Umwegmeilen und Warteschlaufen zu optimieren und schließlich auch effizienteren Treibwerken zum Durchbruch zu verhelfen.
Proteste aus China und USA
Doch was von Umweltschützern begrüßt wird, löst bei vielen Reisenden Befürchtungen aus, dass Fluggesellschaften die Mehrkosten durch erhöhte Ticketpreise ausgleichen werden. Einen wahren Proteststurm hat die Regelung in außereuropäischen Ländern verursacht, weil sich diese nicht den Emissionsregeln der EU verpflichtet fühlen. Vor allem die USA, China und Russland klagen, dass die EU die Einbeziehung der Luftfahrt in den CO2-Handel im Alleingang für ihr Gebiet durchgesetzt habe. Chinas Luftfahrtbehörde CAAC hat ihren Fluggesellschaften sogar verboten, Zahlungsaufforderungen in Folge des Emissionshandels Folge zu leisten. Außerdem soll China hinter den Kulissen gedroht haben, Milliardenaufträge an das französisch-deutsche Unternehmen Airbus zurückzuziehen.
Aus Brüssel gibt es Zeichen des Einlenkens. Rein juristisch sehen EU-Beamte den Streit als weitgehend entschieden. Der Europäische Gerichtshof hatte im Dezember geurteilt, dass die entsprechende Richtlinie weder gegen Grundsätze des Völkergewohnheitsrechts noch gegen das sogenannte Open-Skies-Abkommen, in dem sich die EU und die Vereinigten Staaten zu einem freien Luftverkehrsmarkt verpflichtet haben, verstößt. Darüber hinaus bewegt sich der Streit in einer juristischen Grauzone. Denn ein internationales Gericht oder Schiedsgericht, das ein in diesem Fall für die EU bindendes Urteil sprechen kann, gibt es nicht.
Angst vor Wettbewerbverzerrung
Sollte aber dennoch für die USA und China eine Ausnahme gemacht werden, haben innereuropäische Fluglinien bereits ihren Protest angekündigt. Die deutsche Luftfahrtbranche argumentiert, der Emissionshandel mache nur Sinn, wenn auch Fluglinien aus Nicht-EU-Staaten, die in Europa starten und landen, wie geplant zahlen müssen. Andernfalls hätten diese Wettbewerbsvorteile und könnten zum Beispiel günstigere Tickets anbieten.
Richtig spannend wird es aber erst Anfang kommenden Jahres. Denn erst dann müssen die Fluglinien ihren Ausstoß an klimaschädlichen Gasen melden und erst dann wird abgerechnet.
Autor: Ralf Bosen
Redaktion: Henrik Böhme