Streit über Kommunalwahl in Albanien
9. Juni 2019Unter den gegenwärtigen Bedingungen könne keine demokratische und repräsentative Abstimmung vorgenommen werden, hatte Ilir Meta seinen Entschluss begründet. Ministerpräsident Edi Rama erklärte den Schritt des Präsidenten am Sonntag für "nichtig". Die Wahlen würden wie geplant am 30. Juni stattfinden, sagte er laut TV Klan auf einer Wahlkampfveranstaltung in Burrel bei Tirana. "Ilir Meta hat gestern sein Schicksal besiegelt und das Recht auf Verbleib in seinem Amt verwirkt", fügte der linksgerichtete Politiker hinzu.
Seit Monaten kommt es in Albanien regelmäßig zu Protesten der rechten Opposition. Diese wirft Rama und seiner sozialistischen Regierung Wahlbetrug und Korruption vor und droht mit einem Boykott der Kommunalwahlen. Sie verlangt die Bildung einer Übergangsregierung, die Neuwahlen organisieren soll.
Auch am Samstagabend hatten mehrere Tausend Oppositionsanhänger vor dem Parlament in Tirana demonstriert. Ein Rücktritt Ramas sei "nicht verhandelbar", hatte der Chef der oppositionellen Demokratischen Partei, Lulzim Basha, vor den Kundgebungsteilnehmern klargestellt. Die Entscheidung des Präsidenten, die Kommunalwahlen abzusagen, sei "das erste Ergebnis unseres Kampfes gegen Edi Rama", sagte Basha.
Der neue Konflikt zwischen Meta und Rama vertieft die politische Krise in dem Balkanland, das auf einen Termin für den Beginn von EU-Beitrittsverhandlungen wartet. Das für diese Fälle zuständige Verfassungsgericht wird keine Abhilfe schaffen können: Es ist seit mehr als einem Jahr nicht beschlussfähig.
Denn Anfang letzten Jahres nahm eine Kommission ihre Arbeit auf, die die Richter und Staatsanwälte des Landes auf die Herkunft ihres Vermögens und auf mögliche Verbindungen zur organisierten Kriminalität überprüft. Mehrere Richter des Verfassungsgerichtes wurden seitdem entlassen oder nahmen von sich aus den Hut.
uh/sti (dpa, afp)