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Politik

100.000 Teenager süchtig nach Sozialen Medien

1. März 2018

Was Eltern und Lehrer schon immer wussten, wird nun durch eine Erhebung der Krankenkasse DAK untermauert: Ständiges Chatten, Posten und Liken wird bei vielen Kindern und Jugendlichen irgendwann zur Sucht.

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Kinder mit Smartphone (Foto: picture-alliance/Sven Simon)
Bild: picture-alliance/Sven Simon

Für die Untersuchung ließ die DAK - gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Hamburg - 1001 Jungen und Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren von Meinungsforschern befragen und rechnete die Ergebnisse auf die Bundesrepublik hoch. Das erläuterte der Vorstandschef der Krankenkasse, Andreas Storm, bei der Präsentation der Studie in Berlin. "Die Ergebnisse sind alarmierend", ergänzte er. In der Studie zeigten 2,6 Prozent der Teenager ein Suchtverhalten nach sozialen Medien. Folgen sind nach Angaben der Forscher nicht allein Schlafmangel, Realitätsflucht und Stress mit den Eltern.

Was heißt Social-Media-Sucht?

Zu den Kriterien für Abhängigkeit zählen die Forscher des Deutschen Zentrums für Suchtfragen des Kinder- und Jugendalters ein ständiges Denken an Freunde-Netzwerke oder Messenger-Dienste im Internet - selbst in der Schule und in der Lehre. Dazu kommen Entzugserscheinungen wie Gereiztheit, Unruhe oder Traurigkeit, wenn das Handy oder andere Empfangsgeräte nicht in der Nähe sind. Unter Kontrollverlust verstehen die Wissenschaftler, dass Teenager unfähig sind, ihre Zeit für soziale Medien selbst zu begrenzen. Auch ihr Verhalten kann sich ändern: Kinder und Jugendliche verlieren zum Beispiel das Interesse an Hobbys. Sie lügen über das Ausmaß ihrer Nutzung sozialer Medien und riskieren Freundschaften, Schulerfolg oder Karrierechancen für ihr Online-Dasein.

Faktor Zeit

Die große Mehrheit der Kinder und Jugendlichen (85 Prozent) ist laut der DAK-Studie jeden Tag insgesamt knapp drei Stunden in sozialen Medien unterwegs - Mädchen mit 182 Minuten etwas häufiger als Jungen (151 Minuten). Abiturienten verbringen etwas weniger Zeit online (149 Minuten) als Teenager mit mittlerem oder niedrigerem Schulabschluss (207 Minuten). Am häufigsten nutzen die Befragten WhatsApp (66 Prozent), vor Instagram (14 Prozent), Snapchat (9 Prozent) und Facebook (2 Prozent).

Stress mit den Eltern

Wegen der hohen Nutzung sozialer Medien kommt es bei sechs Prozent der befragten jungen Leute häufig zu Streit mit den Eltern. Bei 16 Prozent gibt es manchmal Auseinandersetzungen. Je jünger die befragten Jungen und Mädchen sind, desto häufiger kracht es. 14 Prozent der 12- und 13-Jährigen nutzen soziale Medien deshalb oft heimlich.

Jugendliche mit Smartphone (Foto: picture-alliance/dpa/S. Stein)
Mit steigendem Alter verbringen Jugendliche immer mehr Zeit mit ihrem SmartphoneBild: picture-alliance/dpa/S. Stein

Nachteulen

Knapp jeder fünfte 12- bis 17-Jährige gab in der Erhebung an, wegen der Social-Media-Nutzung manchmal zu wenig zu schlafen (17 Prozent). Bei sechs Prozent kommt dies sehr häufig oder häufig vor. Je älter die befragten Jungen und Mädchen sind, umso eher geben sie an, manchmal wegen sozialer Medien zu wenig zu schlafen.

Psychische Probleme

Unter allen befragten Teenagern ergaben sich durch die Antworten für Forscher bei acht Prozent Hinweise auf eine depressive Neigung. Auffällig war, dass jeder dritte Betroffene mit eher depressiver Stimmung auch zu einer problematischen Nutzung sozialer Medien neigte.

Wie können Eltern, Lehrer und sonstige Bezugspersonen gegensteuern? DAK-Chef Storm betonte, das Entscheidende sei eine richtige Dosierung zwischen realer und digitaler Welt: eine "stabile online-offline-Balance". Die virtuelle dürfe die wirkliche Welt nicht überlagern. Ratsam sei, bei der Nutzung Sozialer Medien Pausen einzulegen. Storm sieht einen Beitrag von Elternhaus und Schule als wichtig an, damit Kinder und Jugendliche den richtigen Umgang lernten und sich neben den Chancen der digitalen Welt auch mit den Risiken beschäftigten.

Nach Angaben der Krankenkasse ist es das erste Mal, dass das Suchtrisiko im Zusammenhang mit sozialen Medien in einer repräsentativen Untersuchung für Deutschland analysiert wurde. Zugrunde gelegt wurden wissenschaftliche Kriterien aus den Niederlanden anhand eines Fragebogens, die die jungen Teilnehmer beantworten mussten.

sti/stu (afp, dpa, kna)