Brexit könnte Deutschland Milliarden kosten
10. November 2017Allerdings sind diese Zahlen vorerst nur theoretisch, da Verhandlungen mit Großbritannien laufen und auch der mittelfristige EU-Haushalt neu gestaltet und gewichtet werden soll. In der Studie werden die Folgen durchgespielt, wenn der bisherige Nettobeitrag Großbritanniens von 10,2 Milliarden Euro fehlt und die Lücke im bisherigen Rahmen gestopft werden müsste. In dem Fall hätte Deutschland als größtes EU-Land und Nettozahler eine Steigerung des jährlichen Beitrags um 16 Prozent zu schultern. Frankreich müsste nach dem Brexit 1,2 Milliarden Euro mehr bezahlen, Italien rund eine Milliarde. Bislang zahlten Deutschland jährlich netto mehr als 14 Milliarden und Frankreich fünf bis sechs Milliarden.
Die Bundesregierung rechnet durch den Brexit vorerst allerdings nicht mit einer Finanzierungslücke in der Europäischen Union. Dies gelte bis zum Auslaufen der aktuellen mehrjährigen Finanzplanung 2020, sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums am Freitag in Berlin. Zu möglichen Mehrbelastungen für Deutschland durch den Austritt Großbritanniens aus der EU wollte er keine Stellung nehmen, sondern sprach von Spekulationen. Fakt sei aber, dass die EU durch den Brexit den drittgrößten Nettozahler verliere. Die Bundesregierung gehe davon aus, dass Großbritannien seinen Zahlungsverpflichtungen nachkomme.
Deutsche Industrie immer nervöser
Unterdessen wird die deutsche Industrie angesichts des schleppenden Verlaufs der Brexit-Verhandlungen zwischen der EU und der britischen Regierung immer nervöser. "Die Gefahr eines sehr harten Brexits bleibt hoch", warnte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang am Freitag in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters.
Lang hofft, dass ein Spitzengespräch von Premierministerin Theresa May mit führenden Vertretern europäischer Wirtschaftsverbände am Montag mehr Klarheit über die britischen Vorstellungen zum Ausstieg aus der Europäischen Union und zum künftigen Verhältnis beider Seiten bringt. Die deutsche Wirtschaft brauche Rechtssicherheit und Klarheit, insbesondere, was den Status ihrer Mitarbeiter im Vereinigten Königreich angehe. Angesichts aller Unsicherheiten bereiteten sich die deutschen Unternehmen aber auf alles vor, auch auf einen ungeordneten EU-Ausstieg der Briten. "Alles andere wäre naiv", sagte Lang.
ul/bea (dpa, rtr)