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Studiogast: Prof. Mike Atkinson, Strahlenbiologe, Helmholtz Zentrum München >>

Kiron Kreuter20. März 2011

"Wir müssen überdenken, ob in Zukunft überhaupt sichere Reaktoren konzipiert werden können."

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DW-TV: Herr Atkinson, kann ein Atomkraftwerk überhaupt sicher sein?

Mike Atkinson: Wir sehen gerade aktuell, dass es immer ein unerwartetes Problem bei Kernkraftwerken geben kann. Das Ausmaß dieses Unfalls zeigt, dass wir wohl überdenken müssen, ob wir in Zukunft sichere Reaktoren konzipieren können.

Kann sich die radioaktive Strahlung aus Japan in der ganzen Welt verteilen oder wird die Belastung regional bleiben?

Eine weltweite Kontamination ist eher unwahrscheinlich. Die Reaktorbauart ist anders als in Tschernobyl. Dort hat eine Graphit-Panne statt gefunden und Radioaktivität wurde sehr hoch in die Atmosphäre geschleudert. Bei dem japanischen Reaktorunfall ist dies unwahrscheinlich, so dass wir eher lokal begrenzte Radioaktivität erwarten.

Sie erforschen vor allem die Spätfolgen nuklearer Strahlung. Was macht die so gefährlich?

Die Spätfolgen sind in der Regel Krebserkrankungen, Herzkrankheiten oder sogar Immunschwäche.

Wie weit muss man von einer Strahlenquelle weg sein, um sicher zu sein?

Das hängt von der Stärke der Quelle ab. Faustregel ist, so weit weg wie möglich. Je näher man der Strahlenquelle kommt, desto gefährlicher.

Was ist eigentlich schlimmer: die Strahlung, die von außen kommt, also die in der Luft ist, oder die, die durch Nahrung oder Trinken aufgenommen wird?

Strahlung von außen kann man immer vermeiden, weil man Abstand halten kann. Der Strahlung im Körper kann man nicht ausweichen. Man kann die strahlenden Stoffe auch nicht aus dem Körper rausholen.

Sie sagen, Strahlen von außen kann man vermeiden. Es wird geraten ins Haus zu gehen, die Fenster zu schliessen, man soll sich durch Kleidung schützen. Wenn man dann doch raus muss, soll man durch einen nassen Lappen atmen und sich danach waschen. Ist das wirklich alles, was wir im Jahr 2011 zu bieten haben?

Das sind sehr einfache und praktische Maßnahmen. Man kann den Körper an den Oberflächen voll dekontaminieren - mit einer Dusche und dem Wechseln der Kleidung.

Also Duschen ist das beste, was wir haben?

Ja.

Kommen wir zurück zur Nahrung. Wie viel Radioaktivität liegt auf meinem Teller wenn ich Fisch esse?

Jeder Fisch wird in der nächsten Zeit möglicherweise kontaminiert. Es gibt im internationalen Handelsverkehr aber Grenzwerte für die Menge an Radioaktivität, die in Fischen erlaubt ist. Alle Fische werden kontrolliert bevor sie in die menschliche Nahrungskette kommen. Solche mit hoher Radioaktivitätsbelastung werden dann nicht für den Menschen frei gegeben.

Es wird jetzt sehr viel berichtet über Jodtabletten, die gekauft und genommen werden. Was tun die eigentlich und können sie als Vorbeugung helfen?

Die Idee dahinter ist, dass man dem Körper einen Überschuss, eine gewaltige Menge an kaltem, nicht-radioaktivem Jod verabreicht, um die Aufnahme von radioaktivem Jod in die Schilddrüse zu blockieren. Die Tabletten, die in der normalen Apotheke erhältlich sind, haben allerdings nicht ein Hundertstel der Menge, die notwendig ist, um eine Jodblockade effektiv durchzuführen. Jodeinnahme ohne medizinische Überwachung ist ein sehr gefährliches Abenteuer. Viele Menschen haben unentdeckte Krankheiten, die durch das Jod ausgelöst werden können.

(Interview. Daniela Levy)