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Sturm am Firmament

Michael Brückner19. November 2002

Frühausteher konnten in Deutschland trotz bedecktem Himmel das vermutlich größte Meteoritenfeuerwerk des ganzen Jahrhunderts erleben.

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Glückliches Kalifornien: Meteoritensturm bei idealen Sichtverhältnissen im NationalparkBild: Wally Pocholka

Das "Jahrhundert-Ereignis" des diesjährigen Sternenregens haben in Deutschland nur wenige Beobachter verfolgen können. Dichte Wolken und Nebel versperrten am frühen Dienstagmorgen (19.11.02) die Sicht auf den Himmel in weiten Teilen des Landes. Zudem wurde das Meteoriten-Spektakel vom hellen Licht des Mondes überstrahlt.

Doch wer Glück hatte, sah über 6.000 Meteore in der Stunde, die am Himmel über Mitteleuropa aufflammten. Kleinste Staubteilchen oder auch mal kleinere Gesteinsstücke rasten mit 70 Kilometern pro Sekunde auf die Erde zu, verglühten beim Eintritt in die Erdatmosphäre und erzeugten so eine mit - bei normalen Wetterverhältnissen - bloßem Auge zu erkennende Leuchtspur. Erst 2099, wenn so gut wie keiner von uns und unseren Lesern mehr leben wird, erst dann könnte es wieder Ähnliches zu sehen geben.

Staub im All

In unserem Sonnensystem fliegen ein paar größere, zusammenhängende Staubwolken herum, die wie unser Planet Erde stoisch ihre regelmäßigen Bahnen um die Sonne drehen. Allerdings elliptisch und damit quer zu den ordentlich im Kreise fliegenden Planeten. Daher kreuzen sie immer wieder auch die Umlaufbahn der Erde. Tritt dann der seltene Fall ein, dass sich Erde und Staubwolke genau treffen, also die Erde durch so eine Wolke hindurchrast, dann leuchtet es entsprechend gewaltig am Firmament.

Genau das war in der Nacht zum 19. November der Fall. Die Erde flog mitten durch zwei Staub- und Gesteinswolken. Beide von den für astronomische Verhältnisse winzigen Ausmaßen von circa 10.000 km Breite und nur 5 Millionen Kilometern Länge.

Wenn Kometen was verlieren

Das Spektakel stellt keine Gefahr für unseren Planeten dar, denn die relativ kleinen Teile verglühen restlos beim Eintritt in die Atmosphäre. Theoretisch gefährlich könnte höchstens der Ursprung und Erzeuger der kleinen Leoniden werden, der Komet Tempel-Tuttle. Der nähert sich auf seiner quer zu allen geregelt in unserem Sonnensystem kreisenden Planeten alle 33 Jahre der Sonne so sehr, dass er jedes Mal verdampft und dabei einen Teil seiner festen Bestandteile verliert. Die ziehen dann als schmale lange Wolken aus Staub und Steinchen fortan alleine durchs Sonnensystem.

Die von Temple-Tuttle verlorenen Wölkchen heißen Leoniden, weil sie vom Standpunkt des Betrachters auf der Erde aus dem Sternbild des Löwen herauszufliegen scheinen. Da ihre eigene Schwerkraft naturgemäß sehr gering ist, verändert sich ihre Bahn im Sonnensystem ständig, denn alles Größere, an dem sie vorbeifliegen, wirkt mit seinen Kräften auf sie ein, oder "verschluckt" sie, wie die Erdatmosphäre, in der jedes Mal ein Teil verglüht.

Besuch aus dem 18. Jahrhundert

"Erst seit zwei Jahren können wir überhaupt exakt vorausberechnen, wann genau die Leoniden eintreffen werden. Aber jetzt können wir es fast auf die Minute genau", erklärt Dr. Ulrich Bastian vom Astronomischen Rechenzentrum in Heidelberg gegenüber DW-WORLD. Nachdem man 1999 mit einer Prognose völlig daneben lag, hat die internationale Gemeinschaft der Astronomen während der Fehlersuche die höchst komplizierte Entwicklung der Meteoritenströme verstanden. "Diesen Dienstag treffen wir übrigens die von Tempel-Tuttel 1767 und 1866 verlorenen Wolken," so Ulrich Bastian. Die haben im Lauf der Jahre schon ein bisschen abgenommen. "1833 muß der Wahnsinn gewesen sein! Damals traf die Erde auf die selbe Wolke von 1767, aber da war die noch relativ frisch." Der vergangene Meteoriten-Sturm wird der letzte in unserem Leben sein.