Subventionen nicht nur für Ökostrom
16. Oktober 2013
Die Ökostrom-Umlage war in Deutschland nötig geworden, weil seit dem Jahr das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vorschreibt, dass Ökostrom bevorzugt ins Stromnetz eingespeist werden soll. Windräder, Solaranlagen und Co. müssen mitsamt neuer Stromleitungen weiter aufgebaut werden, das kostet zusätzliches Geld. Das bezahlen nicht die Betreiber, sondern die Kunden durch die Ökostromzulage, auch "EEG-Umlage" genannt. Sie soll die Finanzierungslücke füllen, die gerade besteht. Im vergangenen Jahr zum Beispiel lagen die Gesamtkosten für Ökostrom in Deutschland bei rund 19 Milliarden Euro. Produziert wurde, legt man die Strompreise an der Strombörse EEX zugrunde, aber nur Strom im Wert von rund fünf Milliarden Euro - die restlichen 14 Milliarden zahlten die Stromkunden per Umlage.
Umstrittene Öko-Umlage
Für das kommende Jahr wird die Umlage wieder steigen - wie jetzt die Übertragungsnetzbetreiber bekannt gaben auf 6,24 Cent pro Kilowattstunde. Im Schnitt kostet eine Kilowattstunde Strom in Deutschland insgesamt dann deutlich mehr als 25 Cent. Dabei wurde zuletzt weniger Ökostrom als noch 2012 produziert. Hintergrund ist ein 2010 geändertes Gesetz, demzufolge die großen Stromunternehmen nicht mehr verpflichtet sind, den Ökostrom abzunehmen. Dieser wandert also an die Strombörse und wird dort zu Niedrigpreisen gehandelt. Davon profitieren aber nicht die Verbraucher, im Gegenteil: Die auszugleichende Differenz und damit die EEG-Umlage steigt. Der Kunde zahlt die Umlage, selbst, wenn er von seinen Stadtwerken eigentlich nur herkömmlichen Kohlestrom geliefert bekommt. Norbert Allnoch vom "Internationalen Wirtschaftsforum Regenerative Energien" kritisiert: "Was wir brauchen ist, dass der EEG-Strom tatsächlich wieder Eingang findet bei den Stadtwerken." Viele Stromkunden wüssten aber gar nicht, welchen Strom sie nutzen. "Das Fatale ist doch", sagt Allnoch, "dass der EEG-Nutzen auf die Stromrechnung ziemlich dreist drauf geschrieben wird, so dass der Eindruck entsteht, die Stadtwerke hätten Ökostrom im Portfolio - haben sie aber gar nicht!"
Ein weiterer Kritikpunkt an der Umlage: Die steigende Umlage führt dazu, dass immer mehr Unternehmen - also Stromgroßabnehmer - fordern, aus der Umlage ausgenommen zu werden. Das ist grundsätzlich möglich - Sonderregelungen sorgen dafür, stromintensive Unternehmen nicht übermäßig durch die Abgabe zu belasten. Sie zahlen im Schnitt 1,3 Cent weniger Umlage pro Kilowattstunde. Kritik daran kommt unter anderem von der Bundesnetzagentur, die bemängelt, die stromintensiven Unternehmen seien zwar für rund 18% des Stromverbrauchs verantwortlich, würden sich durch die Sonderregelungen aber nur zu einem geringen Teil an der EEG-Umlage beteiligen. Kleine Unternehmen und Privatkunden zahlten so die Zeche für große Firmen.
Subventionen auch für Kohle- und Atomstrom
Dies alles führt dazu, dass der Ökostrom in der deutschen Öffentlichkeit als Preistreiber, als größter Nutznießer von Subventionen gilt. Aber das stimmt nicht: Während der Ökostrom erst seit etwas mehr als zehn Jahren unterstützt wird, kassieren die Atom- und Kohleenergie seit Jahrzehnten Geld vom Steuerzahler. Europaweit wurde die Nuklearenergie im Jahr 2011 mit 35 Milliarden Euro, die Energiegewinnung aus Kohle und Gas mit mindestens 26 Milliarden Euro unterstützt - insgesamt deutlich stärker als die erneuerbaren Energien mit 30 Milliarden Euro. So zumindest stand es im Entwurf eines aktuellen EU-Kommissions-Berichts. Die Zahlen wurden aber laut "Süddeutsche Zeitung" aus dem Bericht entfernt, sie seien laut Kommission "nie gesichert" gewesen. Fest steht, dass Energie-Subventionen nie auf Ökostrom begrenzt waren.
Claudia Kemfert vom "Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung" erklärt: "Das hat historische Gründe. Es gab beim Atomstrom immer schon Steuervergünstigungen. Die Kosten für die Endlagerung werden weitestgehend von der Gesellschaft getragen." Bei der Kohle habe man auch seit Jahrzehnten subventioniert – in Deutschland zum Beispiel bei der Steinkohle, weil man Arbeitsplätze erhalten wollte. "Weder Kohlestrom noch Atomstrom passen in eine nachhaltige Energiewende, auch weil Kohlekraftwerke zu viele Treibhausgase produzieren", findet Kemfert.
Trotzdem gibt es neben Deutschland auch andere Länder in Europa, die Atomstrom subventionieren – Großbritannien wolle sogar eine Atom-Umlage in Anlehnung an die deutsche EEG-Umlage einführen, so Kemfert. Zwar sei dies Ländersache, für sie ist aber klar: "Es macht wenig Sinn, dass man in Europa weiterhin für Techniken der Vergangenheit Subventionen zahlt". Sie fordert stattdessen: "Die Techniken der Zukunft, die erneuerbaren Energien, müssen zur Marktreife gebracht werden, und diesen Weg muss man klug begleiten."
Die Mehrkosten für die Subventionen werden in Deutschland allerdings auch in absehbarer Zukunft am Kunden hängen bleiben, da sind sich die Experten sicher. Der 15. Oktober dürfte also auch in den kommenden Jahren kein Freudentag für die deutschen Stromverbraucher werden.