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Surén: "Herber Dämpfer für die Pressefreiheit"

Ludger Schadomsky20. Dezember 2013

Die DW-Akademie hat ihre Mitarbeiter aus dem Südsudan evakuiert. Einer davon ist André Surén. Er hat den Aufbau eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks betreut und Journalisten ausgebildet. Seine Erlebnisse im Interview.

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André Suren Foto: DW/ Per Hendriksen
Bild: DW/P. Henriksen

DW: Herr Suren, Sie und ihr Team konnten mit Hilfe der Deutschen Botschaft und des Auswärtigen Amtes ausgeflogen werden. Können Sie sagen, wie es den Projekt-Mitarbeitern geht, die geblieben sind?

Wir haben die Information erhalten, dass der Radiosender, den wir in dem Bundestaat Jonglei mit aufbauen, noch nicht eingenommen wurde. In der Stadt Bor sind hauptsächlich militärische Kräfte unterwegs, die Kämpfe gehen dort sehr heftig weiter. Viele Bewohner sind inzwischen in den Busch geflohen. Im Südsudan ist gerade Trockenzeit, das stellt die Menschen vor große Herausforderungen. Humanitäre Hilfe wird dringend benötigt, den Menschen fehlt es an Trinkwasser und an Nahrungsmitteln.

Überraschte Sie der plötzliche Ausbruch der Gewalt oder gab es in den vergangenen Monaten Hinweise darauf, dass die Fraktionskämpfe innerhalb der Regierungspartei SPLM zu eskalieren drohten?

Es war absolut nicht vorhersehbar. Auch bei den Vereinten Nationen hat, soweit wir das mitbekommen haben, keiner damit gerechnet. Richtig ist trotzdem, dass es seit der Unabhängigkeit vor zweieinhalb Jahren immer wieder kleinere Auseinandersetzungen und Scharmützel gab. Aber in dieser Dimension hätten wir das jetzt auch nicht erwartet. Ich bin schon seit 2007 in dem Land. Auch wenn es in dieser Zeit immer wieder größere und kleinere Vorfälle gegeben hat - dass die Regierung so massiv darauf reagiert, mit all den jetzt gesehenen Konsequenzen - damit hat keiner gerechnet.

Der Konflikt wird sowohl von der südsudanesischen Regierung als auch vielen Sudan-Beobachtern als ethnischer Konflikt zwischen den Nuer und den Dinka interpretiert. Stützen Ihre Erkenntnisse aus der Arbeit vor Ort diese Lesart?

Diesen ethnischen Konflikt gibt es schon seit Jahrhunderten. Der ehemalige Vizepräsident Riek Maschar wird von den Nuer gestützt, Präsident Salva Kiir von vielen Dinka, der größten Volksgruppe im Südsudan. Diese Tatsache hat Kiir in einer Stellungnahme heruntergespielt. Viele Beobachter glauben, dass es nach wie vor ethnische Konflikte sind, die für den politischen Machtkampf genutzt werden. Im Juli 2013 hat Salva Kiir das gesamte Kabinett entlassen, unter anderem auch den Vizepräsidenten Riek Maschar. Das war eine eindeutige Machtdemonstration. 2015 sollen Wahlen stattfinden. Salva Kiir möchte wieder Präsident werden. Maschar hatte versucht, sich ebenfalls in Stellung zu bringen. Der Konflikt ist also in erster Linie ein Machtkampf innerhalb der regierenden SPLM. Als die bewaffneten Auseinandersetzungen in Juba begannen, hat sich die Präsidentengarde aber anhand von ethnischer Zugehörigkeit bekämpft. Ich glaube deshalb, dass sowohl die politische als auch die ethnische Komponente in diesem Konflikt eine Rolle spielt.

Die DW-Akademie engagiert sich, unter anderem mit Geldern des UN-Entwicklungsprogramms, im Südsudan insbesondere in dem sehr großen und politisch instabilen Bundesstaat Jonglei. Können Sie bereits einschätzen, was die aktuelle Krise für die Projektarbeit bedeuten wird?

Ich glaube nicht, dass dieser Konflikt schnell zu Ende sein wird. Es werden bereits die ersten Entwicklungshelfer evakuiert. Das ist kein gutes Zeichen für die Zukunft, das bringt viel Unsicherheit und Instabilität. Man muss jetzt abwarten, ob dieser Streit in den kommenden Monaten weiter eskaliert oder ob es den Vereinten Nationen gelingt, die politischen Köpfe zu Gesprächen zusammenzubringen. Viele glauben, dass die Kämpfe weitergehen werden, mit unterschiedlicher Intensität. Das ist natürlich kein gesunder Boden für Investitionen und Entwicklungszusammenarbeit, beispielsweise im Medienbereich.

Ein Projekt der DW-Akademie sieht die Professionalisierung von Journalisten im Bereich "lokale Berichterstattung" vor. Wie sieht die Berichterstattung in diesen Tagen aus - dürfen und können nichtstaatliche Medien überhaupt arbeiten oder hat die Regierung das Informationsmonopol?

Es gab in den vergangenen Tagen relativ wenig Strom. Und wenn wir Strom hatten, dann wurde nur der staatliche Sender gezeigt. Da äußerten sich dann die Minister dahingehend, dass der Konflikt durch den angeblichen Putschversuch von Riek Maschar ausgelöst wurde, was viele Menschen, die ich im Südsudan kenne, bezweifeln. Ich habe sehr gute Kontakte zu privaten Sendern und Zeitungen. Die waren in dieser Zeit überhaupt nicht in der Lage, zu produzieren und über die Lage zu berichten. Bereits vor dem Vorfall wurden Ausgaben einiger privater Zeitungen beschlagnahmt. Die Situation ist so, dass alle erst einmal den Kopf einziehen und abwarten, was passiert. Im Südsudan ist alles sehr stark reglementiert und in staatlicher Hand. Die Pressefreiheit, die wir mit unseren Maßnahmen unterstützen wollen, kriegt natürlich einen herben Dämpfer.

André Surén arbeitet seit 2004 als Trainer und Berater für die DW-Akademie im östlichen Afrika, Syrien und Afghanistan. Seit 2007 betreut Surén zahlreiche Projekte in Sudan und Südsudan.

Das Interview führte Ludger Schadomsky.