Syrien-Flüchtlinge von Bord gedrängt
26. September 2014Vorausgegangen waren stundenlange Verhandlungen auf dem Schiff zwischen den Sicherheitskräften und den Flüchtlingen. "Gegen fünf Uhr morgens wurden die Lichter an Bord des Schiffes ausgeschaltet. Dann ging die Polizei rein", sagte ein Augenzeuge der Nachrichtenagentur dpa. Die Flüchtlinge kamen wenig später sichtlich aufgeregt heraus. "Wir haben Druck, aber keine Gewalt angewendet", sagte der zyprische Justizminister, Ionas Nikolaou, im Rundfunk. Zypern werde die Rechte der Migranten respektieren und jeden Asylantrag einzeln prüfen. Man könne aber nicht die Menschen in ein anderes EU-Land transportieren.
Kreuzfahrtbetreiber wütend
Die 345 Flüchtlinge waren am Donnerstag rund 50 Seemeilen südwestlich von Zypern bei starkem Seegang an Bord des zyprischen Kreuzfahrtschiffes "Salamis Filoxenia" genommen worden, nachdem ihr Kutter ein Notsignal gesendet hatte. Nach der Ankunft in Limassol weigerte sich die Mehrheit der Flüchtlinge, an Land zu gehen. Sie forderten, nach Italien gebracht zu werden, wie das staatliche zyprische Fernsehen meldete.
Für 300 russische Passagiere auf dem Weg in die israelische Hafenstadt Haifa war die Kreuzfahrt in Limassol vorzeitig beendet. Der Kreuzfahrtbetreiber zeigte sich wütend. "Das ist das Dankeschön. Wir haben sie gerettet, gefüttert und jetzt wollen sie das Schiff nicht verlassen. Wir werden ruiniert", sagte ein Sprecher im Rundfunk. Durch den Ausfall einer Kreuzfahrt am Freitag habe sein Unternehmen hunderttausende Euro verloren.
6000 Euro für die Flucht
Die Flüchtlinge stammen nach Schätzungen der Behörden fast alle aus Syrien. Unter ihnen sind viele Familien, mehr als 50 Kinder sind dabei. Sie wurden in ein Flüchtlingslager westlich der Inselhauptstadt Nikosia gebracht, wie das Fernsehen zeigte. Zwei Kinder mussten in ein Krankenhaus eingeliefert werden. Ein Mann habe versucht, sich zu erhängen. Die Polizei konnte rechtzeitig einschreiten und ihn davon abhalten, berichtete der Sender RIK.
Die Geretteten sagten den Behörden, sie hätten pro Kopf 6000 Euro an eine Schleuserbande bezahlt, die sie aus Syrien nach Italien bringen sollte. Der Kapitän und die Besetzung hätten aber heimlich den Kutter verlassen und die Menschen ihrem Schicksal überlassen. Im Mittelmeer sind in den vergangenen Monaten tausende Flüchtlinge ums Leben gekommen.
pg/cr (dpa, afp)