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Politik

Syrien greift Türkei nach Rebellenabsage an

14. März 2017

"Das ganze Land ist eine Folterkammer geworden", sagt der UN-Hochkommissar für Menschenrechte. Doch das Regime in Damaskus sucht nach anderen Schuldigen. Die Vorwürfe gegen Präsident Assad wiegen schwer.

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Syrien Rettungskräfte nach Luftschlägen
Helfer bergen den Leichnam eines Kindes nach einem Luftangriff in Kafr Nabl in der Provinz IdlibBild: picture-alliance/AA/M. Aldaher

Die syrische Regierung lastet der Türkei an, dass die Rebellen an den geplanten Friedensgesprächen in der kasachischen Hauptstadt Astana nicht teilnehmen wollen. Da die Türkei eine Garantiemacht sei, müsse Ankara die Verantwortung übernehmen, sagte der Leiter der syrischen Regierungsdelegation, Baschar al-Dschafari.

Das Fernbleiben der "bewaffneten Gruppen" zeige deren politische Schwäche, erklärte al-Dschafari nach einem ersten Treffen mit russischen Vertretern. Bei den mittlerweile dritten Syrien-Verhandlungen in Astana soll es unter Vermittlung Russlands und der Türkei vor allem um die Stärkung der brüchigen Waffenruhe gehen.

Die Rebellenvertreter hatten ihre Teilnahme zuvor abgesagt. Sie protestieren damit gegen regelmäßige Verstöße der Regierung gegen die Feuerpause. Russland ist neben dem Iran der wichtigste Verbündete des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, während die Türkei die Rebellen unterstützt.

"Schlimmste Katastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg"

Die Vereinten Nationen prangerten erneut das Leid der Zivilbevölkerung an. Der ins siebte Jahr gehende Syrienkonflikt sei "die schlimmste vom Menschen verursachte Katastrophe, die die Welt seit dem Zweiten Weltkrieg gesehen hat", sagte der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Said Raad al-Hussein in Genf.

Syrien Zerstörung
Frauen auf dem Weg durch die Trümmer in Al-Bab im Gouvernement AleppoBild: Reuters/K. Ashawi

"Das ganze Land ist eine Folterkammer geworden: ein Ort grausamen Horrors und absoluten Unrechts." Verhaftungen, Verschleppungen, Misshandlungen und Blutvergießen bestimmten den Alltag, sagte al-Hussein. Sogar die verzweifelten Appelle der Bewohner von Aleppo im vergangenen Jahr hätten "wenig oder keinen Einfluss auf die globalen Führer" gehabt, die zu einem Ende der Kämpfe hätten beitragen können.

Assad lässt Ermittler nicht ins Land

Das ganze Ausmaß des Schreckens liege noch im Dunkeln, so der Jordanier vor dem UN-Menschenrechtsrat. Denn Assads Behörden verweigerten internationalen Ermittlern die Einreise. Im Kampf gegen Aufständische setzt das Regime auch weiter verbotene Chemiewaffen ein, wie aus einem Untersuchungsbericht der Vereinten Nationen hervorgeht. So seien im Januar und Februar mehrere Angriffe mit Chlorgas registriert worden. Regierungsnahe Truppen griffen Krankenhäuser und Wasserversorger an. Auch Schulen würden skrupellos bombardiert, heißt es in dem Bericht.

Syrien Zerstörung
Kinder spielen auf dem Schutt der eingestürzten Häuser in Al-BabBild: Reuters/K. Ashawi

Von den rund 18 Millionen Menschen, die noch in Syrien leben, seien über 13 Millionen akut auf Unterstützung angewiesen, sagte der Regional-Koordinator für humanitäre Hilfe für Syrien, Kevin Kennedy, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Demnach flohen im Laufe des Krieges insgesamt fünf Millionen Einwohner über die Landesgrenzen. Die UN und ihre Partner könnten hunderttausende leidende Menschen überhaupt nicht versorgen. Ihre Not sei "unbeschreiblich", so Kennedy, der von Jordaniens Hauptstadt Amman aus die Hilfe für die Region koordiniert.

Konvois gestoppt und ausgeplündert

Vor allem die anhaltenden Kämpfe machten es den UN und den rund 300 anderen Organisationen unmöglich, die Bewohner in den belagerten Gebieten zu erreichen. Insgesamt leben laut Kennedy rund 4,5 Millionen Menschen in abgeriegelten Orten und in anderen schwer zu erreichenden Gebieten. Die wenigen Konvois, die zu Hilfsbedürftigen fahren dürften, würden oft von den Konfliktparteien gestoppt und ausgeplündert.

Doch auch das Los der Menschen in den Flüchtlingslagern dürfe nicht vergessen werden, appellierte der UN-Vertreter an die Weltgemeinschaft. Die meisten der fünf Millionen Syrer im Ausland haben in den Nachbarländern Türkei, Libanon und Jordanien Zuflucht gefunden. Allein in der Türkei leben derzeit rund 2,8 Millionen syrische Flüchtlinge. In Jordanien sind es nach Regierungsangaben 1,4 Millionen. Die UN schätzen die Zahl aber deutlich niedriger. Sie gehen von 600.000 Syrern im Königreich aus.

jj/hk (dpa, afp, epd)