Syrische Flüchtlinge verlassen Deutschland
12. April 2018Syrische Flüchtlinge, die mit einem gültigen Aufenthaltsstatus in Deutschland leben, verlassen offenbar zunehmend die Bundesrepublik. Dies hätten gemeinsame Recherchen ergeben, berichteten das ARD-Politikmagazin "Panorama" und das Reporterformat "STRG_F". Als Grund würden viele Syrer die erschwerte Familienzusammenführung nennen.
Den Berichten zufolge reisen viele Flüchtlinge illegal und auf zum Teil riskanten Routen in die Türkei, da sie kein Visum für die Ausreise dorthin erhalten. Oftmals nehmen sie demnach die Hilfe von Schleusern in Anspruch.
In sozialen Netzwerken wie Facebook gebe es inzwischen Gruppen, in denen sich tausende Syrer über die "umgekehrte Flucht" austauschen. Auch Informationen über Schleuser und Preise würden darin genannt. So koste eine Überfahrt über den Grenzfluss Evros, der Griechenland von der Türkei trennt, etwa 200 Euro.
Keine verlässlichen Schätzungen
Ob es sich bei diesen Rückreisen um einen Trend oder um ein seltenes Randphänomen handelt, ist allerdings unklar, da es keine Zahlen gibt. Dem Bericht zufolge hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im vergangenen Jahr rund 4000 Syrer als unbekannt verzogen registriert. "Darunter könnten auch solche sein, die in die Türkei gegangen sind", heißt es in dem Online-Bericht zur Fernsehsendung.
Die Reporter recherchierten im griechisch-türkischen Grenzgebiet und begleiteten mehrere Syrer auf ihrem Weg in die Türkei. Sie interviewten auch Schleuser. Einer erklärte demnach, er bringe täglich bis zu 50 Menschen zurück aus Europa in die Türkei, hauptsächlich syrische Flüchtlinge, die in Deutschland einen Aufenthaltsstatus hätten. Ein anderer Schleuser sagte, inzwischen hole er mehr Flüchtlinge aus Europa zurück als umgekehrt.
Der Repräsentant des Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen (UNHCR) in Deutschland, Dominik Bartsch, sagt "Panorama", er habe bereits von solchen Fällen gehört, ohne diese quantifizieren zu können. Die Tatsache, dass Flüchtlinge auf derselben Route, auf der sie ursprünglich nach Deutschland gekommen seien, wieder zurückgingen, sei "paradox". Dass der einzelne so ein Risiko eingehe, zeige auch den hohen Schutzwert der Familie. Dem werde Deutschland nicht gerecht.
Viele der Flüchtlinge aus Syrien, mit denen das UNHCR gesprochen habe und die subsidiären Schutzstatus hätten, seien darüber informiert worden, dass der Familiennachzug ab dem Stichtag März 2018 stattfinden könne, sagte Bartsch. "Diese Flüchtlinge fühlen sich natürlich im Stich gelassen. Denn diese Nachricht haben sie sogar schriftlich bekommen." Der Familiennachzug ist derzeit ausgesetzt. Ab August wird er beschränkt.
stu/se (afp, daserste.ndr.de)