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Syrische Rebellenhochburg wird evakuiert

26. August 2016

Sie hungerten seit Jahren - jetzt dürfen die Zivilisten in Daraja die belagerte Stadt verlassen. Doch nicht nur sie: Auch Kämpfer der Aufständischen sollen abziehen. Für Präsident Assad ist das ein Triumph.

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Trümmerlandschaft nach jahrelangem Bombardement: Daraja im Südwesten der Haupstadt Damaskus (Foto: picture-alliance/AP Photo)
Trümmerlandschaft nach jahrelangem Bombardement: Daraja im Südwesten der Haupstadt DamaskusBild: picture-alliance/AP Photo

Daraja ist nicht irgendein Vorort von Damaskus. Daraja ist ein Symbol. Dort, im Südwesten der syrischen Hauptstadt, war eines der ersten Widerstandsnester gegen Präsident Baschar al-Assad. Und entsprechend brutal schlug das Regime zurück. Heute ist Daraja eine Trümmerwüste - nach vierjähriger Belagerung und unzähligen Fassbomben, die die Luftwaffe über der Stadt abwarf.

Weil mehrere tausend Einwohner von ihren Feldern und der Wasserversorgung abgeschnitten waren, gaben die Rebellen schließlich auf. Jetzt haben erste Zivilisten Daraja verlassen. Busse brachten zunächst Frauen, Ältere und Kinder in "Auffanglager" außerhalb der Vorstadt, wie lokale Aktivisten berichten. Der TV-Kanal Al-Mayadeen, der der Regierung nahesteht, meldet, es handele sich um mehr als 200 Menschen.

Am Verhandlungstisch errungen

Das Assad-Regime und die Aufständischen hatten sich zuvor in mehrtägigen Verhandlungen auf die Evakuierung geeinigt. Insgesamt sollen rund 5000 Menschen Daraja verlassen - viele von ihnen leiden unter Hunger und Mangelernährung. Im Juni hatte erstmals nach Jahren ein Hilfskonvoi mit Nahrungsmitteln die Stadt erreicht.

Krankenwagen des Roten Halbmonds begleiten die Evakuierung (Foto: Reuters)
Krankenwagen des Roten Halbmonds begleiten die EvakuierungBild: Reuters/O. Sanadiki

Doch nicht nur Zivilisten, auch die aufständischen Kämpfer dürften aus Daraja abziehen, so die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien. Die Kontrolle über die Ruinenstadt werde dann der Regierungsarmee übergeben. Was mit den Rebellen geschieht, ist freilich unklar. Offiziell heißt es, sie würden in die Provinz Idlib gebracht, die zurzeit von Aufständischen kontrolliert wird.

De Mistura: "Völkerrecht uneingeschränkt respektieren"

Der UN-Sonderbeauftragte für Syrien, Staffan de Mistura, verlangte, das humanitäre Völkerrecht während der Evakuierung uneingeschränkt zu respektieren. Danach sind bei internationalen Konflikten Übergriffe auf Zivilisten international geächtet - aber auch die Gewaltanwendung gegen Kämpfer, die ihre Waffen niedergelegt haben.

Fassbombenabwurf über Daraja (Archivbild: Getty Images/AFP/F. Dirani)
Jahrelang attackiert: Fassbombenabwurf über Daraja (Archivbild)Bild: Getty Images/AFP/F. Dirani

Für Präsident Assad ist die Einigung um Daraja ein Erfolg mit Symbolkraft. Über die Zukunft des syrischen Machthabers entscheiden jedoch letztlich zwei Großmächte, die in Syrien gegenläufige Interessen verfolgen: Russland und die USA. Die beiden Außenminister, Sergej Lawrow und John Kerry, beraten in der Ferne - im schweizerischen Genf - über die Zukunft des Landes. Während Moskau das Assad-Regime stützt, leisten die USA verschiedenen Oppositionsgruppen Hilfe. In einer Verhandlungspause sagte Lawrow ebenso gutgelaunt wie schmallippig, die Gesprächsatmosphäre sei "exzellent".

Wichtiger Akteur sitzt nicht am Tisch

Verhaltener äußerte sich der UN-Beauftrage de Mistura: "Wir arbeiten weiter", sagte er. Bei der Unterredung dürfte es auch um neue Friedensgespräche und Zugang für humanitäre Helfer zu den notleidenden Zivilisten in der Metropole Aleppo gehen. Ein weiterer, beinahe ebenso wichtiger Akteur sitzt allerdings nicht mit den Großmächten am Tisch: die Türkei. Ankara bekämpft im Rahmen einer Militäroffensive im Norden Syriens nicht allein die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS), sondern ganz massiv auch Kurdenkämpfer der Volksschutzeinheiten YPG. Das Problem: Eben die YPG sind der wichtigste Verbündete der USA - im Bemühen, die Dschihadisten auf syrischem Territorium niederzuringen. Vorerst scheint also die Taktik Assads, alle Akteure auf seinem Gebiet gegeneinander auszuspielen, noch aufzugehen.

jj/fab (dpa, afp, rtr)