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Politik

Südafrika kappt diplomatische Verbindung zu Israel

Martina Schwikowski
8. April 2019

Südafrika will seine Botschaft in Tel Aviv künftig unbesetzt lassen. Ein Wahlkampfmanöver? Südafrikanische Juden fürchten, dass die Aktion zu wachsendem Antisemitismus führen könnte.

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Südafrika Außenministerin Lindiwe Nonceba Sisulu
Südafrikas Außenministerin Lindiwe Sisulu auf einer Pressekonferenz bei den Vereinten Nationen in New YorkBild: Imago/Zumapress/L. Rampelotto

Es herrscht Eiszeit zwischen Südafrika und Israel. Schon im Mai 2018 hatte die Regierung in Pretoria Botschafter Sisa Ngombane für unbestimmte Zeit aus Tel Aviv zurückgerufen, um gegen die Eskalation der Gewalt an der Grenze zum Gaza-Streifen zu protestieren. Jetzt ist klar: Der Posten des Botschafters wird nicht neu besetzt. Künftig werde die Botschaft nur noch konsularische Dienste für Privatpersonen anbieten, erklärte Außenministerin Lindiwe Sisulu vergangene Woche: "Unser Verbindungsbüro in Tel Aviv hat kein politisches oder wirtschaftliches Mandat."

Mit dem permanenten Abzug des Botschafters aus Tel Aviv folgt die Regierung einem Parteitagsbeschluss des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) aus dem Jahr 2017. Präsident Cyril Ramaphosa rechtfertigte den Beschluss damals als Reaktion auf die "Verletzung der Rechte des palästinensischen Volkes" und "Israels fehlenden Einsatz für Frieden". Außenministerin Sisulu deutet zudem an, dass in einem nächsten Schritt auch Israels Botschafter aus Südafrika zurückgesendet werden könnte.

Proteste im Gazastreifen an der Grenze zu Israel
Mai 2018: Bei Protesten an der Grenze zwischen Gaza und Israel kommen mindestens 60 Palästinenser ums LebenBild: Reuters/I. Abu Mustafa

Für Benji Shulman, Direktor des südafrikanischen Israel-Forums, macht diese Entscheidung wenig Sinn: "Das hilft Südafrika nicht, eine konstruktive Rolle in dem Konflikt des Mittleren Ostens zu spielen. Israel ist einer unserer größten Handelspartner im Nahen Osten, das ist also eher ein unglücklicher Schritt seitens der Regierung", so Shulman im DW-Interview.

Sorge vor Antisemitismus

Die Äußerungen der Ministerin erhitze nur unnötig die Gemüter in Südafrika, meint Shulman. "Juden in Südafrika haben ein gutes Leben, das Land hat starke Antisemitismus-Gesetze und unsere kulturellen Rechte werden geschützt." Er sorgt sich, dass die Herabstufung der diplomatischen Beziehungen anti-zionistische Einstellungen stärken und in Antisemitismus gegen südafrikanische Juden münden könnte.

Shulman schließt nicht aus, dass Südafrikas aktuelle Politik gegenüber Israel ein Wahlkampfmanöver sein könne. Am 8. Mai sind die Südafrikaner aufgerufen, ihren neuen Präsidenten zu wählen. Der regierende Afrikanische Nationalkongress (ANC) hat bei der letzten Wahl starke Verluste eingefahren: "Vielleicht klammert sich die Partei an jeden Strohhalm, um Stimmen zu erhalten", vermutet Shulman.

Der südafrikanische Politikwissenschaftler Ralph Mathekga sieht das ähnlich: "Wir haben Wahlen in Südafrika - politische Parteien wissen populäre Ideen in solchen Zeiten für sich zu nutzen. Ich frage mich, ob die Gespräche nach den Wahlen nicht wieder aufgenommen werden." Südafrika könne den Staat Israel nicht einfach ignorieren, so Mathekga im DW-Interview. Er verweist auf die langjährige wirtschaftliche Zusammenarbeit  der beiden Länder. "Egal wie, sie werden wohl eine Art bilaterale Beziehung herstellen müssen."

Südafrika Wahlkampf ANC Cyril Ramaphosa
Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa: Er will am 8. Mai im Amt bestätigt werdenBild: Getty Images/AFP/R. Jantilal

Historische Verbindungen zwischen ANC und PLO

Naeem Jeenah sieht die Lage anders: "Wir betreiben mehr Handel mit einem desolaten Staat wie Simbabwe als mit Israel und alle Importe aus Israel können wir auch in anderen Ländern erhalten." Jeenah ist Leiter einer südafrikanischen Denkfabrik, dem Afro-Middle East Center in Johannesburg (AMEC). Für ihn ist offensichtlich, weshalb Südafrika seine diplomatischen Beziehungen zu Israel kappt: "Als im Mai 2018 israelische Sicherheitskräfte auf palästinensische Demonstranten nahe dem Gaza-Streifen schossen, war der Botschafter schon zu Gesprächen zurück nach Südafrika geholt worden. Hinter der jetzigen Entscheidung, den Posten in Tel Aviv unbesetzt zu lassen, stecken Israels Verletzungen der internationaler Gesetze und Menschenrechte", so Jeenah.

Der ANC hat historisch enge Verbindungen mit der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO). Die Freundschaft reicht bis zur Gründung der PLO ins Jahr 1964 zurück. Nach dem Ende der Apartheid 1994 habe sich Südafrika um eine Rolle als Vermittler der beiden politischen Lager im Nahostkonflikt bemüht, sagt Jeenah. "Jetzt hat Südafrika das Gefühl, Israel habe das ausgenutzt, um wirtschaftliche Beziehungen zu etablieren." Seiner Ansicht nach wolle die südafrikanische Regierung mit ihrer Aktion Israel nun dazu bringen, sich an internationale Abkommen zu halten.

Netanyahu will Teile des Westjordanlands annektieren

Ob sich die israelische Regierung davon beeindrucken lässt, ist allerdings fraglich. Am Dienstag (9.4.2019) wird in Israel gewählt, zuletzt hatte Premierminister Benjamin Netanyahu die Spannungen im Nahostkonflikt sogar weiter verstärkt. Seinen Anhängern versprach Netanyahu am Wochenende, dass er im Falle einer Wiederwahl dieisraelischen Siedlungen im Westjordanland annektieren werde. Die Ankündigung stieß auch bei deutschen Politikern auf Kritik.

Mitarbeit: Sella Oneko