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Südkorea errichtet weltgrößtes Chip-Cluster

24. Januar 2024

Angesichts der US-Abkoppelung von China will sich Südkorea mit Investitionen von über 400 Milliarden Euro einen globalen Vorsprung in der Chipproduktion verschaffen.

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Symbolbild I PC circuit board
Bild: Imaginechina-Tuchong/imago images

Südkorea plant im Süden der Hauptstadt Seoul die Errichtung des weltgrößten Clusters für Halbleiter. Zusammen mit den nationalen Platzhirschen Samsung Electronics und SK Hynix fördert der Staat dort bis zum Jahr 2047 Investitionen von 622 Billionen Won (428 Milliarden Euro). Vorgesehen sind Steuerbegünstigungen von Investitionen sowie Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Die Selbstversorgung von Südkorea mit wichtigen Materialien, Teilen und Ausrüstungen soll bis 2030 von 30 auf 50 Prozent steigen.

Das Mega-Cluster wird nach Aussagen von Präsident Yoon Suk-yeol bei einem öffentlichen Forum insgesamt knapp 3,5 Millionen Arbeitsplätze schaffen. Dafür sei es notwendig, die Atomenergie auszubauen, um den Energiebedarf des Halbleitersektors zu decken, erklärte der konservative Präsident. Südkorea dominiert mit einem Weltmarktanteil von über 60 Prozent bereits die Produktion von Dramspeicherchips (in Computer und Laptops) und Nand-Speicherchips (in SD-Karten oder Festkörperspeichern SSD). Bis 2030 soll jedoch der globale Anteil bei anderen Chips und Prozessoren von derzeit drei auf zehn Prozent steigen. Dafür will Samsung den taiwanesischen Konkurrenten TSMC in der Wafer-Produktion überholen. Die Taiwanesen sind der Weltmarktführer im Foundry-Geschäft mit der Auftragsfertigung von Prozessoren für andere Firmen.

Die Zukunft der Chipindustrie

Fast 30.000 Fußballfelder Fläche

Das geplante Cluster in Südkorea umfasst verschiedenen Industriezonen in der Provinz Gyeonggi mit einer Gesamtfläche von 21.000 Hektar, so groß wie fast 30.000 Fußballfelder. Zu den bestehenden 19 Fertigungsanlagen sollen bis 2047 weitere 16 hinzukommen. Davon werden drei Werke und zwei Forschungsfabriken bis 2027 fertiggestellt. Nach Angaben des Industrieministeriums wollen Samsung und SK Hynix dort schon 2030 monatlich 7,1 Millionen Wafer produzieren. "Wenn wir den Bau des Halbleiter-Megaclusters zu einem früheren Zeitpunkt abschließen, werden wir die weltweit führende Wettbewerbsfähigkeit im Chipsektor erreichen und jungen Generationen hochwertige Arbeitsplätze bieten", erklärte Industrieminister Ahn Duk-geun.

Samsung Electronics will 500 Billionen Won (320 Milliarden Euro) in das Projekt investieren, davon 360 Billionen Won für sechs neue Produktionsstätten in Yongin 33 Kilometer südlich von Seoul. Vor knapp einem Jahr hatte der Weltmarktführer für Speicherchips noch von einer Gesamtinvestition von 300 Billionen Won bis 2042 gesprochen. Weitere 120 Billionen Won fließen in den Bau von drei neuen Fabriken im Produktionskomplex Pyeongtaek, 54 Kilometer südlich von Seoul, und drei Forschungsfabriken in Giheung. Der zweitgrößte Chiphersteller SK Hynix wird nach offiziellen Angaben 122 Billionen Won (7,9 Milliarden Euro) für den Bau von vier neuen Fabriken in Yongin bereitstellen.

Taiwan, die Chip-Supermacht

Chip-Abkoppelung von China

Mit dem langfristigen Cluster-Plan reagiert Südkorea auf die veränderte Großwetterlage in der Halbleiterbranche. Südkoreas Chipindustrie droht im Machtkampf zwischen China und den USA an Bedeutung zu verlieren. Im Jahr 2022 exportierte Südkorea Halbleiterwaren für 129 Milliarden Dollar, die rund 19 Prozent der nationalen Exporte ausmachten. Eine Verringerung der nationalen Produktion würde Südkoreas Wirtschaft hart treffen. "Korea steht an vorderster Front bei Halbleitern, was ökonomische Chancen erzeugt, aber die Firmen auch verwundbar macht", erklärte Troy Stangarone vom Korea Economic Institute in Washington.

Die USA fördern mit Subventionen von 52,7 Milliarden Dollar aus dem "CHIPS and Science Act" die Ansiedlung von Halbleiter-Produktionsanlagen. Deswegen baut Samsung ein 17 Milliarden Dollar teures Chipwerk im US-Bundesstaat Texas. Gleichzeitig forciert China den Aufbau einer eigenen Halbleiterindustrie, nachdem die USA die Halbleiter-Exporte im High-End-Bereich stark beschränkt haben. Parallel entsteht auf der japanischen Hauptinsel Kyushu ein neues Cluster mit Werken von TSMC und Sony für Prozessoren. Unterdessen sucht OpenAI-Chef Sam Altmann Produzenten von Chips für die Entwicklung und Anwendung von künstlicher Intelligenz.

China | Chipherstellung
(Archiv) Halbleiterproduktion in Weifang, ChinaBild: picture alliance/dpa

US-Sondererlaubnis für China-Fabriken

Dank einer unbefristeten Sondergenehmigung sind südkoreanische Hersteller von den US-Beschränkungen bisher ausgenommen und dürfen Ausrüstung und Maschinen nach China exportieren. Davon profitieren das Samsung-Werk für Nand-Speicherchips in Xian und die Nand-Fabrik von SK Hynix in Dalian. Doch die südkoreanischen Zweifel an der Produktion in China wachsen. Am Mittwoch (24.01.) musste SK Hynix erneut dementieren, es plane den Verkauf des Werks in Dalian, das man erst im Dezember 2020 für 9 Milliarden Dollar von Intel übernommen hatte.

Die USA beherrschen nach Angaben des Marktforschers Bloomberg Intelligence fünf der zehn Stufen der Liefer- und Produktionskette für Chips, darunter Etching, Beschichtung und Dotierung, während Japan und die Niederlande die übrigen Bereiche wie Waferreinigung und Lithografie kontrollieren. Damit hängt Südkoreas Schlüsselrolle als Chiphersteller von Technologien, Materialien und Fachwissen ab, die hauptsächlich den USA und ihren Verbündeten gehören. Die südkoreanischen Hersteller konzentrieren sich daher auf die Kooperation mit US-amerikanischen Unternehmen, um ihre nationale Produktion zu stärken.

Mikrochips "Made in Dresden"