Sicherheitskonferenz
9. Februar 2007Die Vorwürfe des republikanische Präsidentschaftsbewerber John McCain klingen nach Kaltem Krieg: Moskau versuche, den imperialistischen Einfluss auf seine Nachbarn zu nehmen. Und die Europäer ärgern sich über die aggressive Haltung des russischen Nachbarn in Energiefragen. Zuletzt blockierte ein Streit mit Weißrussland über Öllieferungen tagelang die für den europäischen Markt wichtige Pipeline "Druschba". Ist Russland noch ein verlässlicher Partner?
Blockierte Partnerschaft
Unter anderem aus diesem Grund verhandelt die EU-Kommission über ein neues Partnerschaftsabkommen mit Russland. Doch bislang blockiert der Kreml wichtige Fragen. Auch, weil man dort die Trümpfe in der Hand zu halten glaubt. "Energie ist ein wichtiges Instrument für Russland, um seine Ansprüche als Großmacht durchzusetzen", sagt der Gießener Russland-Experte Eberhard Schneider. "Zum Zweiten darf nicht vergessen werden, dass der russische Staatshaushalt sich weitgehend durch den Verkauf von Öl und Gas finanziert."
Das neue Rote Telefon
Dem russischen Druck waren neben Weißrussland zuletzt auch die Ukraine und das westlich orientierte Georgien ausgesetzt. Für die Europäische Union sieht der Berliner Politikwissenschaftler Alexander Rahr jetzt Handlungsbedarf: "Ich glaube, eine solche Leitung braucht man heute zwischen Brüssel und Moskau, um solche Probleme, die ja auch noch zu geo-politischen Rivalitäten oder sogar zum Kalten Krieg in Energiefragen führen können, zu beseitigen."
Sicherheitsexperten zählen Energie- und Rohstoff-Fragen mittlerweile zu den wichtigsten krisen- oder sogar kriegsauslösenden Faktoren. Auch das im vergangenen Herbst verabschiedete neue Weißbuch der Bundesregierung enthält als sicherheitspolitisches Grundsatzdokument einen Abschnitt zur Energiesicherheit. Der deutsche Verteidigungsminister Franz-Josef Jung denkt hier unter anderem an die Straße von Hormus im Persischen Golf. Mehrfach hatte der Iran im Streit um sein Atomprogramm damit gedroht, Öl als politisches Instrument einzusetzen und Exporte aus der Region mit einer Blockade der Meerenge zu verhindern.
Nach der Schockstarre
Dass auch Russland nach seiner Schockstarre nach dem Ende des Kalten Krieges jetzt deutlich machtbewusster auftritt, dürfte eng mit seinem Rohstoff-Reichtum zusammenhängen. Als zweitgrößter Ölexporteur der Welt spielt Russland eine zentrale Rolle für die westliche Energieversorgung. Ein ähnliches Bild ergibt sich beim Erdgas: Zwei Drittel der Gaslieferungen für die Europäische Union stammen aus russischen Quellen. Über die Möglichkeiten einer Gas-Opec zwischen den Energie-Großmächten Iran und Russland, die dem Westen Preise diktieren könnte, wird in beiden Ländern zumindest laut nachgedacht.
Russland sucht aber auch in militärischen Fragen stärker als in den letzten Jahren das Kräftemessen mit dem Westen. Bis zum Jahr 2015 will Moskau sein Waffenarsenal umfassend modernisieren - unter anderem mit mehr als 50 neuen Interkontinental-Raketen vom Typ Topol-M. Außerdem müsse man das Verhältnis zur NATO überdenken, orakelte Verteidigungsminister Sergej Iwanow am Mittwoch (7.2.). Eine Reaktion auf den geplanten Aufbau einer US-Raketenabwehr in Europa, das die Topol-M-Raketen überwinden sollen.
Raketen für Nord-Polen
Nach bisher vorliegenden Plänen wollen die USA in Nord-Polen Raketen stationieren, die einfliegende Mittel- und Langstreckenraketen treffen und vernichten können. Als Teil der milliardenschweren "Missile Defence Initiative" richtet sich dieses Rüstungsprojekt gegen die von Washington identifizierten Schurkenstaaten. Die Raketen auf europäischem Boden zielen vor allem auf die Abwehr eines iranischen Angriffs. Ein solches System würde allerdings auch das Kräftegleichgewicht zwischen Russland und dem Westen verändern. Diese Machtverschiebung will die Regierung in Moskau nicht klaglos akzeptieren. "Supermacht ist ein Ausdruck aus der Ära des Kalten Krieges", sagte Putin jüngst in Indien. "Wenn heute darüber gesprochen wird, dass Russland diesen Status anstrebt, sehe ich darin nur eins: Es wird versucht, dem Vertrauen Russlands zu schaden."