Tage der Gewalt in Hongkong
Seit einem halben Jahr demonstrieren Studenten in Hongkong für mehr Freiheit und Demokratie. Der Protest radikalisiert sich immer mehr. Jüngster Schauplatz der Auseinandersetzung: eine Universität im Süden der Stadt.
Bastion des Protests
Er ist der Ort des Protests in Hongkong geworden: der Campus der Polytechnischen Universität. Hierher haben sich die Demonstranten zurückgezogen, seit über 24 Stunden liefern sie sich gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei. Auf dem Campus haben sich Hunderte Menschen mit Brandsätzen und selbstgebauten Waffen verschanzt. Sie entzündeten ein großes Feuer, um die Polizei abzuwehren.
Einkesseln und festnehmen
Aktivisten berichten, dass die Polizei versuchte, das Uni-Gebäude zu stürmen. Weil das misslang, kesseln Beamte die Demonstranten auf dem Gelände der Universität ein. Studenten, die den Campus verlassen wollen, werden festgenommen. Die Polizei gibt an, in den frühen Morgenstunden scharfe Munition nahe der Universität abgefeuert zu haben, wobei jedoch niemand getroffen worden sein soll.
Gescheiterte Flucht
Außerhalb des Geländes stehen Wasserwerfer der Polizei. Die Studentenvereinigung berichtet, dass rund 100 Studenten versuchten, die Universität zu verlassen. Sie flüchteten aber wieder in das Gebäude, als die Polizei Tränengas gegen sie einsetzte.
Strategisch wichtige Lage
Die Polytechnische Universität liegt strategisch wichtig für die Demonstranten an der Einfahrt eines Straßentunnels, der das Gebiet mit der Insel Hongkong verbindet. In den vergangenen Tagen hatten Protestierende Barrikaden vor dem Tunnel errichtet, um Polizeikräfte zu blockieren. Das ist Teil einer neuen Taktik, die Stadt lahmzulegen und so den Druck auf die Regierung zu erhöhen.
Die Forderungen
Seit mehr als fünf Monaten dauern die Proteste in der Sonderverwaltungszone schon an. Die Demonstranten fordern unter anderem freie Wahlen und eine Untersuchung von Polizeigewalt. Auf beides ist die pekingtreue Regierung in Hongkong nicht eingegangen. Einziges Zugeständnis an die Protestierenden bisher: die Rücknahme des umstrittenen Auslieferungsgesetzes, das die Demonstrationen entfacht hatte.
Eskalation der Gewalt
Die anfangs friedlichen Proteste sind inzwischen in Gewalt umgeschlagen. Die Polizei greift hart durch und droht mit dem Einsatz von scharfer Munition. Hongkonger Aktivisten sprechen von 4000 Festnahmen seit Beginn der Proteste. Die Demonstranten selbst werfen Steine, setzen Molotowcocktails ein und nutzen Pfeil und Bogen.
Mit Pfeil und Bogen
Ein Polizist wurde am Sonntag durch einen Pfeil am Bein verletzt. Der bekannte Hongkonger Demokratie-Aktivist Joshua Wong rechtfertigt die Gewalt der Demonstranten. "Mit rein friedlichem Protest werden wir unser Ziel nicht erreichen. Allein mit Gewalt allerdings auch nicht. Wir brauchen beides", sagte Wong der "Süddeutschen Zeitung".
Identität verbergen
Zwischenzeitlich reagierte die Hongkonger Regierung mit einem Vermummungsverbot. Viele Demonstranten tragen Gasmasken aus Schutz gegen Tränengas. Andere binden Tücher vor ihre Gesichter, um ihre Identität zu verbergen. Sie fürchten Verhaftungen und Konsequenzen, wenn sie erkannt werden. Am Montag kippte das höchste Gericht in Hongkong überraschend das Maskenverbot, es sei verfassungswidrig.
Angst vor einer militärischen Lösung
Während das Kippen des Vermummungsverbots ein Erfolg für die Demonstranten ist, droht eine weitere Eskalation der Gewalt. Für Unruhe hat die Präsenz einiger chinesischer Soldaten am Samstag in der Stadt gesorgt. Sie halfen dabei, Steine wegzuräumen. Unter den Demonstranten gibt es große Befürchtungen, dass China sein Militär nutzen könnte, um die Proteste in Hongkong niederzuschlagen.