Tagung zum "Islamistischen Terrorismus"
15. November 2001Seit 1998 gebe es Erkenntnisse darüber, dass die "Al Quaida" Organisation von Osama Bin Laden in Deutschland tätig sei. So BKA-Präsident Ulrich Kersten am zweiten Tag der Herbsttagung des Wiesbadener Bundeskriminalamtes zum Thema "Islamistischer Terrorismus - eine Herausforderung für die internationale Staatengemeinschaft".
Deutschland habe keineswegs nur als Ruheraum für Terroristen gedient, die dann - wie im Fall des 11. September - in anderen Staaten zum Einsatz kamen. So habe man im Dezember 2000 in Frankfurt die "Miliani-Gruppe" verhaftet, die unter anderem einen Anschlag in Straßburg geplant hatte. Inzwischen ist man sicher, dass sie einem weltweiten Netzwerk von "Mujaheddin" angehörte und ihre Ausbildung bei Bin Ladens "Al Quaida" in Afghanistan erhalten hat.
"Kampf-Front gegen Juden und Kreuzritter"
Mindestens 70.000 Islamisten aus 50 Ländern haben laut BKA-Präsident Kersten im Laufe der Jahre solche Ausbildung von "Al Quaida" erhalten. Diese Organisation sei wichtigste Fraktion in einer zum erstenmal im Februar 1998 bekannt gewordenen "Internationalen Kampf-Front gegen Juden und Kreuzritter" - wobei Begriff "Kreuzritter" für den Westen und speziell die Amerikaner stehe. In einer Fatwa der Gründungserklärung heiße es unter anderem:
"Das Töten von Amerikanern und deren Verbündeten, von Militärs und Zivilisten ist eine vorgeschriebene Pflicht eines jeden Muslims, auszuführen in jedem Land, wo immer es ihm möglich erscheint".
Neben der "Quaida" gehörten der Kampffront auch der ägyptische "Al Jihad Al Islami" an, die kaschmirische "Harkat Ul Mujahidin", der bengalische "Jihad Islami", die ägyptische "Al Jama'at Al Islamia" und die islamische Bewegung Usbekistans. Osama Bin Laden gilt als Gründer dieser Kampf-Front - im Bestreben, alle militanten islamistischen Kräfte zusammen zu fassen und in seinen Kampf einzubeziehen. Darüber hinaus versuche er inzwischen, auch alle Muslime für diesen "Kampf gegen die Ungläubigen" zu mobilisieren.
Von der Mujaheddin zum Terroristen-Ausbilder
Bin Ladens Kampf habe seinen Ursprung in der Beteiligung am Kampf gegen die sowjetischen Besatzer Afghanistans in den Jahren 1979 bis 1989. Der saudische Multimillionär habe sich da den Mujaheddin angeschlossen, habe dann aber, nach dem sowjetischen Abzug, begonnen, im Sudan Terroristen auszubilden. Erst Mitte der Neunziger Jahre sei er dann nach Afghanistan zurückgekehrt und habe dort - unter dem Schutz der inzwischen dort herrschenden Taliban Trainingslager aufgebaut.
Weltweit setze das Terror-Netzwerk sich so zusammen: "Al Quaida" sei für "strategische Anschläge" zuständig, diese Organisation leiste Hilfe bei der Planung und Finanzierung von Anschlägen - die Anschläge vom 11. September hätten nach Erkenntnissen des FBI mindestens 250.000 Dollar gekostet. Für die Durchführung der Angriffe selbst seien Terroristen zuständig, die in ihren Gastländern nicht durch irgend welche terroristische oder extremistische Taten auffielen - wie etwa die Gruppe, die sich zum Teil seit Jahren in Hamburg und dann in den USA auf die Anschläge von New York und Washington vorbereitet hatte.
"Besondere Aufbau Organisation"
In Deutschland und anderen westlichen Ländern habe man sich nach dem 11. September intensiv der Gruppe der unauffälligen Terroristen oder "Schläfer" zugewandt, dies sei aber mit diversen Problemen behaftet. So müsse unter anderem vermieden werden, dass verallgemeinernd gleich alle Muslime unter Verdacht gestellt werden. Das BKA habe aber die größte "Besondere Aufbau Organisation" (BAO) seiner Geschichte eingerichtet, in der rund 600 Mitarbeiter allein mit dem Aufspüren und der Verfolgung von islamistischem Terrorismus befasst sind. Wichtig sei in diesem Zusammenhang auch die internationale Zusammenarbeit mit anderen Staaten, aber auch die Zusammenarbeit und der Informationsaustausch zwischen BKA und den deutschen Informationsdiensten - wie Bundesverfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst.