Talibansturm auf Bezirk in Provinz Helmand
9. März 2016Eine Ortschaft nach dem anderen nehmen sich die Taliban-Rebellen in der umkämpften Südprovinz vor. Nach dem Bezirk Sangin ist nun ganz offensichtlich das Zentrum von Gereschk an der Reihe. Nach einem Sturm auf den dortigen Gouverneurspalast und das Polizeihauptquartier gab es heftige Gefechte.
Die Angaben über die Zahl der Opfer sind widersprüchlich. Aus Kreisen des Provinzrates hieß es, bei dem Talibanangriff seien mindestens 18 Polizisten getötet worden. Die Gefechte in der umkämpften Stadt hätten mehr als acht Stunden gedauert. Der Sprecher des Provinzgouverneurs wollte die Opferzahl nicht bestätigen. Es seien "drei, vier" Polizisten verletzt worden.
Gouverneurssprecher Omar Zwak teilte mit, Talibankämpfer hätten am frühen Morgen das Zentrum von Gereschk von drei Seiten angegriffen. Er sprach von vier Selbstmordattentätern und weiteren Angreifern, die versucht hätten, das Polizeigebäude zu stürmen. Ein Talibankommandeur in Helmand sagte der Deutschen Presse-Agentur, es seien zehn Gruppen von 40 bis 50 Kämpfern unterwegs. Allerdings sind die Taliban für übertriebene Angaben bekannt.
Maulkorb aus Kabul
Bisher hatten sich Kämpfe in Helmand vor allem auf den Bezirk Sangin konzentriert. Auch US-Spezialkräfte waren dort eingesetzt worden. Die Taliban-Rebellen wollen in Helmand einen Staat für sich erkämpfen, sagen Experten. Sie bekämen dann die Kontrolle über die ertragreichsten Mohnanbaugebiete des Landes und damit Zugang zu Milliardeneinnahmen. Seit Monaten liefert sich die afghanische Armee in Helmand heftige Gefechte mit den Rebellen, mit allenfalls mäßigem Erfolg. Mindestens zehn der 14 Bezirke der Provinz sind entweder umkämpft oder in den Händen der Taliban.
Im Dezember 2015 hatte der damalige stellvertretende Gouverneur der Provinz öffentlich und dramatisch um Hilfe gebeten, ansonsten drohe ganz Helmand in die Hände der Taliban zu fallen. Daraufhin hatte der Nationale Sicherheitsrat in Kabul Beamten verboten, schlecht über die Sicherheitslage zu sprechen.
Bürgerwehren sollen helfen
Laut NATO-Sprecher Wilson Shoffner fehlen den afghanischen Streitkräften im Kampf gegen die Extremisten etwa 25.000 Mann. Erst in den vergangenen Tagen hatten sich Armee und Polizei aus mehreren Gegenden in den umkämpften Provinzen Helmand und Urusgan zurückziehen müssen, um Kräfte für Angriffe besser bündeln zu können.
Um das Personaldefiizit auszugleichen, wurde in der Provinz Nangarhar inzwischen damit begonnen, Zivilisten für die Bekämpfung der radikalen Islamisten zu rekrutieren. Laut Verteidigungsministerium wurden die sogenannten "Aufstandskräfte" mit Kalaschnikows, Panzerfäusten und russischen Maschinengewehren ausgestattet.
qu/cr (dpa, APE)