Tanz in die Zukunft - die Pina Bausch-Kompanie setzt auf Neuanfang
Als Choreografin hat Tänzerin Pina Bausch die internationale Tanzwelt revolutioniert. Ihre berühmte Tanz-Kompanie tourt nach ihrem Tod durch die Welt, jetzt wagt die Tanztruppe einen Neuanfang - mit brandneuen Stücken.
Neuland für Tänzer von Pina Bausch
Erstmals nach dem Tod von Pina Bausch, die 2009 an Krebs gestorben ist, betrat ihre Kompanie tänzerisches Neuland. Am 18.09.2015 hatten drei brandneue Stücke Premiere in Wuppertal. Elf jüngere Tänzer sind seit 2009 zu der berühmten Tanztruppe dazu gestoßen. Die Älteren mussten sich zum Teil neu erfinden, wie sie sagen: HipHop und gerappte Gesangseinlagen sind völlig neue Tanz-Elemente.
Neuausrichtung der Kompanie
Erstmals wurden Stücke ohne Titel getanzt: eine neue Ära für die Kompanie. Dem gespannten Publikum präsentierte sie einen dreiteiligen Tanzabend, mit ungewöhnlich humorigen Einlagen. Inszeniert und neuartig choreographiert von dem britischen Regisseur Tim Etchell, dem argentinisch-französischen Choreographen-Duo Cecilia Bengolea und François Chaignaud und dem Briten Theo Clinkard.
Revolution des Tanztheaters
In der Anfangszeit von Pina Bausch hätte keiner gedacht, dass ausgerechnet das Tanztheater von Wuppertal, einer nordrhein-westfälischen Provinzstadt, eines Tages weltweit Erfolg haben würde. Die Tänzerin und begabte Choreographin Bausch entwickelte etwas völlig Neues, was die Tanzszene so noch nirgendwo gesehen hatte. Ihre Kompanie entfachte eine Revolution der Bewegung, die Tanz neu definierte.
Radikaler Ausdruckstanz
Pina Bausch engagierte nur Tänzer, die in ihren Augen außergewöhnlich waren. 1973 gründete sie das Tanztheater Wuppertal, das bis heute weltweit für seinen radikalen Ausdruckstanz bekannt ist. Nur wenige Tänzer können Bauschs Stücke tanzen. Ihre Choreographien waren immer speziell auf die Tänzerpersönlichkeiten der Wuppertaler Kompagnie zugeschnitten.
Tänzerischer Alptraum
Die radikalen Stücke der jungen Pina Bausch gingen den Zuschauern in den 70er Jahren an die Nerven und gegen den Strich. Ihre experimentellen, oft sperrigen Tanzvisionen sprengten damals alle Konventionen. Während der ersten Vorstellungen im Wuppertaler Opernhaus verließen Zuschauer empört und unter lautstarkem Protest den Raum. Sogar Beschwerdebriefe und Drohungen soll es gegeben haben.
Tanz neu erfinden
Die Tänzer bei Pina Bausch tanzten nicht einfach nur: Sie rannten, sprachen, sangen, weinten oder lachten, während die Choreographie ihnen höchste Konzentration abverlangte. Sie intepretierten Tanz völlig neu. Tänzer und Choreographen in der ganzen Welt fragten sich: Wo haben die Tänzer gelernt, sich so zu bewegen? Sind sie nun Sänger, Schauspieler oder Tänzer? Das war neu.
Keine Solisten
Die Stücke von Pina Bausch (im Bild) lebten von ihrer Ehrlichkeit und getanzten Innerlichkeit. Das erreichte die Choreographin durch eine intime Zusammenarbeit mit ihren Tänzern. In ihrer Kompanie gab es keine herausragenden Solisten, keine Hierarchien. Alle Tänzer des Ensembles waren gleichberechtigt und sollten mit den Choreographen auch eigene Ideen in den Tanz und die Inszenierung einbringen.
Zusammengeschweißtes Team
Wer in Bauschs Tanzkompanie eintrat, blieb lange – manchmal für immer. Die Tänzer des Wuppertaler Tanztheaters entwickelten sich bald zu einer eingeschworenen Kompanie, die bis heute weltweit einzigartig ist. Alle sind unkündbar. Auch nach Pina Bauschs Tod 2009 tanzten sie die Stücke der legendären Choreographin weiter. Inzwischen gehören dem Tanztheater 35 Tänzer zwischen 24 und 60 Jahren an.
Das Repertoire des Ensembles
Nach Pina Bauschs Tod übernahmen der Tänzer Dominique Mercy und der Theatermacher Robert Sturm die Künstlerische Leitung. Mercy ist eines der ältesten Mitglieder des Tanzensembles. Sein Ziel war es, das Repertoire von Pina Bausch so lange wie möglich zu erhalten. In 36 Jahren hat Bausch 46 Stücke geschaffen. Einige davon sind zu Klassikern geworden. Im Bild tanzt Mercy in Wim Wenders Film "Pina".
Oscarverdächtige Tanzgeschichte
Regisseur Wim Wenders hat mit seinem Dokumentarfilm "Pina" einen filmischen Nachruf auf Pina Bausch gedreht - und eine Hommage an ihre Heimatstadt Wuppertal. Eine Stadt im Westen Deutschlands, die neben Pina Bauschs Tanzkompanie vor allem für ihre Schwebebahn bekannt ist. Der 3D-Film mit dem Wuppertaler Tanztheater wurde 2012 für einen Oscar in der Kategorie "Bester Dokumentarfilm" nominiert.
Copyright Pina Bausch
Die Stücke von Pina Bausch sind urheberrechtlich geschützt und dürfen nur von der Wuppertaler Kompanie aufgeführt werden. Früher waren sie deshalb monatelang mit Gastspielen in der Welt unterwegs. Den Tänzern stehen 40 Werke zur Auswahl. Dazu gehört das berühmte Stück "Kontakthof" (im Bild). Bis 2013 wurden die Klassiker von Pina Bausch nur so gezeigt, wie es vertraglich vereinbart worden war.
Behutsamer Kurswechsel
2013 übernahm der Tänzer und Tanzprofessor Lutz Förster die Künstlerische Leitung des berühmten Tanztheaters. Förster war langjähriges Ensemblemitglied bei Pina Bausch und später Professor an der Essener Folkwang Universität der Künste. In seiner Leitungszeit visierte er eine behutsame Neuorientierung der renommierten Tanzcompany an. Seit Mai 2017 ist Adolphe Binder künstlerische Leiterin.
In Pinas Sinne
Am 27. Juli 2015 wäre Pina Bausch 75 Jahre alt geworden. Förster kündigte 2015 an, die Truppe wolle in Zukunft mit verschiedenen Choreographen zusammenarbeiten. "Die eine Pina Bausch wird es nicht geben", betonte er. Ihm sei wichtig, dass die 35-köpfige Kompagnie an jeder Neuproduktion beteiligt werde. Ganz im Sinne der Gründerin. Binder hat ihren eigenen Führungsstil.
Pina Bauschs Erbe
In den 70er Jahren revolutionierte sie von Wuppertal aus die Tanzwelt: 2015 wäre die große Choreographin Pina Bausch 75 Jahre alt geworden und hätte sicher nicht mit dem Tanz aufgehört, wenn sie nicht erkrankt wäre. Ihr international bedeutsames Wirken wurde im Jahr 2015 mit einer Sonderbriefmarke geehrt - und ist damit Teil der Deutschen (Kultur)-Geschichte.