Tate Modern zeigt zeitgenössische afrikanische Fotografien
"A World In Common" versammelt als erste große Schau in Londons Tate Modern Werke von 36 afrikanischen Fotografinnen und Fotografen. Die Auswahl soll dem eurozentrischen Blick auf Afrika etwas entgegensetzen.
Aïda Muluneh: "Star Shine Moon Glow" (2018)
Aïda Muluneh befasst sich in ihrer Serie "Water Life" mit der Wasserknappheit in Äthiopien. Wasser von weit entfernten Orten zu holen, ist häufig Aufgabe von Frauen. Muluneh inszeniert ihre Protagonistin nicht in der gängigen Weise der Massenmedien. Bewusst setzt sie auf leuchtendes Rot und Blau - bedeutsame Farben in der afrikanischen Tradition - und betont die weibliche Stärke.
Maïmouna Guerresi: "M-eating - students and teacher" (2012)
Die vom Christentum zum Islam konvertierte Maïmouna Guerresi untersucht in ihren Werken die Rolle von Frauen in der Gesellschaft. Auf diesem Polyptychon sind vier junge Frauen um einen langen Tisch versammelt. Sie wirken abgelenkt, fast so, als ob sie sich von dem lesenden Herrn abwenden. Die Gegenstände auf dem Tisch, ein Kanister und eine Patronenhülse, irritieren.
François-Xavier Gbré: "Untitled" (2013)
Die Fotos des französischen Fotografen François-Xavier Gbré zeigen historische Details wie Fresken und Stätten im Zustand des Verfalls. Der in Bamako, Mali, lebende Gbré spürt in seinen Bildern nach eigenen Worten "Geschichten und Spuren eines vergessenen Lebens" nach. Seine Arbeiten dokumentieren demografisches Wachstum und die Transformation postindustrieller Städte.
Lebohang Kganye: "Kwana Germiston bosiu I" (2013)
Lebohang Kganye überschreitet mit ihrem Projekt "Ke Lefa Laka: Her-story", aus dem das obige Bild stammt, die Grenzen von Raum und Zeit. In einigen ihrer Werke kopiert sich Kganye in den Outfits ihrer Mutter in alte Bilder hinein, um die Distanz zwischen Vergangenheit und Gegenwart zu überbrücken und an Traditionen anzuknüpfen.
Wura-Natasha Ogunji: "Will I still carry water when I am a dead woman" (2013)
Die in den USA geborene und in Nigeria lebende Künstlerin Wura-Natasha Ogunji setzt sich in Videoinstallationen, Bildern und Performances mit der Präsenz von Frauen im öffentlichen Raum auseinander. Mit dieser Performance in Lagos greift auch sie das Thema des mühsamen Wassertransports auf, kombiniert mit traditionellen Egungun-Maskeraden, die Männern vorbehalten sind.
Mário Macilau: "Breaking News from The Profit Corner series" (2015)
Mário Macilau dokumentiert in seiner Fotoreihe "The Profit Corner" die Folgen des globalen Konsums am Beispiel der städtischen Mülldeponie Hulene Hulene, die in seiner Heimat Maputo in Mosambik vielen Menschen als Lebensgrundlage dient. Das Verbrennen und Ausschlachten von dort entsorgten Elektrogeräten gefährdet die Gesundheit der Menschen und schädigt Umwelt, Natur und Landwirtschaft.
Atong Atem: "Adut and Bigoa. The Studio Series" (2015)
Die in Äthiopien geborene und heute in Australien lebende Künstlerin Atong Atem erzählt vor dem eigenen familiären Hintergrund in ihren Arbeiten Geschichten von Migranten aus der afrikanischen Diaspora. Auch ihre Arbeiten sind von der traditionellen Studiofotografie beeinflusst: Stolze Protagonistinnen und Protagonisten vor farbenfrohen, mitunter behelfsmäßigen Kulissen.
Kudzanai Chiurai: "We Live in Silence IV" (2017)
Der aus Zimbabwe stammende Fotograf Kudzanai Chiurai stellt in seinen Werken den langen Arm des Kolonialismus dar. Selbst Nationen, die in den 1950er- und 1960er-Jahren ihre Unabhängigkeit erlangten, stünden heute noch unter dem Einfluss der kolonialen Mächte. Während gewöhnlich Männer als Befreier im antikolonialen Kampf dargestellt werden, stellt Chiruai bewusst Frauen ins Zentrum.
Edson Chagas: "Tipo Passe, Pablo P. Mbela" (2014)
Der Fotojournalist Edson Chagas zeigt in seiner Reihe "Tipo Passe" (Reisepass) Porträts von Personen, die traditionelle Masken und moderne Kleidung tragen. Die Inszenierung vor einem weißen Hintergrund verweist auf Passfotos, doch die Masken lassen keine Rückschlüsse auf die Identität des Individuums zu. Chagas kritisiert damit auch die museale Darstellung von Masken als bloße Artefakte.
Ruth Ossai: "Student nurses (...)" (2018)
Ruth Ginika Ossai bekam von ihrer Mutter einen Fotoapparat geschenkt, als sie noch ein Teenager im Osten Nigerias war. Nach dem Umzug nach England wollte sie Eindrücke aus ihrem Heimatland festhalten. In ihren Aufnahmen findet sich die Ästhetik westafrikanischen Studiofotografen, ihre Kulissen sind inspiriert von der Bildsprache Nollywoods - aus Werken des nigerianischen Films.