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Tatjana Maria verpasst Wimbledon-Finale

Mathias Brück
7. Juli 2022

Im Halbfinale endet das Wimbledon-Märchen für Tatjana Maria: Die 34 Jahre alte Deutsche verliert das "Familienduell" gegen die an Nummer drei gesetzte Ons Jabeur aus Tunesien.

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Tatjana Maria und Ons Jabeur umarmen sich am Netz nach dem Wimbledon-Halbfinale
Tatjana Maria und Ons Jabeur umarmen sich nach dem Wimbledon-HalbfinaleBild: Kirsty Wigglesworth/AP Photo/picture alliance

Am Ende des Matches wurde es noch einmal emotional: Ons Jabeur hatte soeben ihren Matchball zum 6:2, 3:6, 6:1-Erfolg gegen die Deutsche Tatjana Maria verwandelt. Nach einer langen Umarmung am Netz und dem obligatorischen Handschlag mit dem Schiedsrichter nahm Jabeur Maria an die Hand und führte sie unter dem Applaus der Menge in die Mitte des Centre Courts von Wimbledon. Ein Zeichen des Respekts zwischen zwei Freundinnen, die weit mehr verbindet als nur das Tennis.

"Ich wollte unbedingt diesen Moment mit ihr teilen, da sie so eine große Inspiration für mich und viele andere Spielerinnen ist," sagte Jabeur nach dem Spiel. "Sie ist als zweifache Mutter ins Wimbledon-Halbfinale gekommen, ich weiß immer noch nicht, wie sie das gemacht hat."

Ons Jabeur lächelt in der Mitte des Centre-Courts nach dem verwandelten Matchball gegen Tatjana Maria
Ons Jabeur freut sich nach dem verwandelten Matchball gegen Tatjana MariaBild: Dave Shopland/Shutterstock/IMAGO

Das Spiel war am Ende eine sehr deutliche Angelegenheit. Maria gelang es nicht, beständig die Leistung abzurufen, mit der sie es in die Runde der letzten Vier beim prestigeträchtigsten Tennisturnier der Welt geschafft hatte. Nach verlorenem ersten Satz kämpfte sie sich zwar im zweiten Durchgang noch einmal heran, doch der dritte Satz war eine klare Sache für Jabeur, die nach 1:42 Stunden ihren zweiten Matchball verwandelte.

Jabeur ist "Teil der Familie"

Es war ein ganz besonderes Spiel für beide Kontrahentinnen. Tatjana Maria und ihre Familie mit den zwei Töchtern Charlotte und Cecilia verbindet eine innige Beziehung zur tunesischen Weltklassespielerin, die sie liebevoll "Tante Ons" nennt. "Wir kennen uns seit Ewigkeiten, sie liebt die Kinder", beschrieb die zweifache Mutter Maria das im Profisport außergewöhnliche Verhältnis zur Weltranglisten-Zweiten. "Sie sieht meine Kinder fast als ihre Kinder an, deswegen ist sie eigentlich Teil unserer Familie. Wenn sie Charlotte sieht, spielt sie mit Charlotte Tennis. Wenn sie Ceci sieht, ist das ihr Baby. Wir verstehen uns mega."

Ons Jabeur applaudiert ihrer Gegnerin Tatjana Maria
Ons Jabeur applaudiert ihrer Gegnerin Tatjana MariaBild: Javier Garcia/Shutterstock/IMAGO

Jabeur hatte sogar augenzwinkernd versucht, Marias Kinder vor dem Halbfinalspiel für sich zu gewinnen. "Ich habe schon mit Charlotte gescherzt: Wirst du mich unterstützen oder deine Mama? Ich versuche, die Kids auf meine Seite zu ziehen", sagte die Tunesierin lachend. Trotz des Ausscheidens ist der Halbfinaleinzug Marias ein Erfolg, den man nicht hoch genug bewerten kann. Als gerade einmal 20-jährige erlitt Maria 2008 beim Turnier in Indian Wells eine Lungenembolie, schwebte kurzzeitig sogar ins Lebensgefahr und musste monatelang pausieren. Nur ein Jahr später erlitt sie den nächsten Schicksalsschlag, als ihr Vater Heinrich an Krebs verstarb.

Maria kritisiert WTA

Das Jahr 2012 erwies sich für Maria als entscheidender Wendepunkt ihrer Karriere - und ihres Privatlebens. Zur Vorbereitung auf die US Open schickte ihr damaliger Trainer sie zu einem Kollegen in die USA. Dieser Kollege war Charles-Edouard Maria, der inzwischen ihr Trainer, Ehemann und Vater der zwei gemeinsamen Töchter ist.

Sie und ihr Mann sind immer wieder bemüht, mehr Bewusstsein dafür zu schaffen, dass die WTA-Tour mehr für Mütter unternehmen müsse. Maria findet es "schade, dass es nicht bei den größeren Turnieren wie in Indian Wells oder Miami Kinderbetreuung gibt." Den Kindern der Profis würde das auch guttun. "Es wäre schön, wenn sich alles so ein bisschen ändern würde," sagte Maria. "Man könnte Familien helfen, zurückzukommen. Ich denke, dass ich da ein ganz gutes Vorbild bin, mit zwei Kindern wieder zurück auf der Tour zu sein. Und wieder Tennis zu spielen auf einem hohen Niveau."

Tatjana Maria und ihr Mann Charles Edouard Maria nehmen ein Selfie auf
Tatjana Maria und ihr Mann Charles Edouard MariaBild: Harry Murphy/Getty Images

Noch immer sind Mütter auch im Profitennis eher eine Seltenheit: Im Feld der Wimbledon-Teilnehmerinnen gab es in diesem Jahr neben Maria und Serena Williams nur noch die Belgierin Yanina Wickmayer. In der 138-jährigen Geschichte des Damen-Tennis in Wimbledon holten sich erst vier Mütter den Titel, nach dem Ersten Weltkrieg war es nur noch die Australierin Evonne Goolagong-Cawley 1980.

Jabeur hat mit dem Erfolg gegen Maria bereits Geschichte geschrieben - sie ist die erste afrikanische Frau in einem Grand-Slam-Finale. Dort trifft sie entweder auf Elena Rybakina aus Kasachstan oder Simona Halep aus Rumänien.

Die Unterstützung von Maria und ihren Töchtern ist "Tante Ons" wohl gewiss.