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Tauben für Tarantino

29. Juli 2010

Das deutsche Handwerk ist gefragt - trotz special effects und 3D. Ingo Kopmann stopft schon seit über 30 Jahren Tiere für Film und Fernsehen aus. Einen Namen hat er sich damit sogar bei Hollywood-Produktionen gemacht.

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Tote Gans liegt auf einem Werktisch. (Foto: DW/Nadine Wojcik)
Bild: DW/Wojcik

Schlaff hängt der Kopf einer Gans an der Tischkante herunter. Mit kurzen Schnitten fährt Ingo Kopmann durch das Gefieder, schabt und schneidet die Muskulatur, das Hirn, die Augen und Zunge heraus. Mit routinierter Nebensächlichkeit wirft er das Innenleben der Gans in einen Plastikeimer neben sich.

Gummihandschuhe trägt er nicht. "Ich empfinde das nicht als eine ekelige Arbeit. Das ist ja frisches Fleisch und nicht krank oder sonst was." Mitarbeiter Dirk Stoewe, ebenfalls über eine tote Gans gebeugt, nickt und fügt hinzu: "Es gibt kaum Leute, die sich häufiger die Hände waschen als wir."

Tote Tiere stinken nicht

Seit er zehn Jahre alt ist, übt sich Ingo Kopmann im Präparieren von Tieren. Als kleiner Junge fand er einmal einen toten Vogel, schnitt ihm einen Flügel ab und nahm ihn mit nach Hause - allerdings fing der irgendwann an zu stinken.

Ingo Kopmann und Mitarbeiter Dirk Stoewe in sitzen an Werktischen der Berliner Präparationswerkstatt und arbeiten an toten Gänsen. (Foto: DW/Nadine Wojcik)
"Keine ekelige Arbeit" - Ingo Kopmann und Mitarbeiter Dirk StoeweBild: DW/Wojcik

Der kleine Kopmann überlegte sich, wie er solche Gerüche in Zukunft verhindern kann, und brachte sich so über die Jahre das Handwerk selbst bei. Und zwar so gut, dass er bereits bei der "Europameisterschaft der Tierpräparatoren" für seine liebevollen Präparate mehrfach mit dem zweiten und dritten Preis ausgezeichnet wurde.

Auf sein Talent wurde auch die Filmbranche aufmerksam, Anfang der 80er Jahre. "Einer meiner ersten Filme war die Ausstattung einer Hafenkneipe in dem Film 'Querelle' von Rainer Werner Fassbinder. Irgendwie hab ich mir damals einen Namen bei den Requisiteuren gemacht und werde seitdem rumgereicht."

Explodierende Tauben für Quentin Tarantino

Ausstellung von präparierten Tieren im Vorraum der Berliner Präparationswerkstatt (Foto:DW/Nadine Wojcik).
Das Exotenkabinett des Ingo KopmannBild: DW/Wojcik

Im Gegensatz zu präparierten Haustieren sind die Anforderungen der Filmbranche trickreicher. Die Tiere sollen ja lebendig wirken und müssen daher zusätzlich noch mit Mechanik ausgestattet werden: zubeißende Hundeschnauzen, rollende Katzenaugen oder angefahrene Rehe in den letzten Atemzügen. Manchmal klopft auch Hollywood an Kopmanns Werkstatttür - zuletzt Quentin Tarantino, der für "Inglorious Basterds" weiße Tauben bei ihm orderte. "Die sollten im Film abgeschossen werden. Dafür musste ich die mit Sprengladung versehen, damit sie am Himmel explodieren und aussehen, als ob sie von einer Schrotladung getroffen worden seien."

Ein Tiger für "V wie Vendetta", eine Katze für "James Bond" - Kopmanns ausgestopfte Statisten sind in einigen US-amerikanischen Produktionen zu sehen. Der Berliner Tierpräparator verhandelt gern mit Hollywood: "Die bringen einfach mehr Geld mit und können daher viel lockerer kalkulieren. Wenn die für den Film ein Tier brauchen, ordern die gleich mehrere für die Proben. Bei 'Inglorious Basterds' waren zum Beispiel im Film zwei Tauben zu sehen. Bestellt und bezahlt haben die Amerikaner aber acht."

Präparierte Katze, rotbraunes Fell (Foto: DW/Nadine Wojcik).
Präparation als Kunst - totgefahrene KatzeBild: DW/Wojcik

Exotenkabinett in der Tiefkühltruhe

Bei deutschen Produktionen erlebe er oftmals, dass sie unkoordinierter agieren. "Denen fällt häufig mitten im Dreh erst ein, dass sie das ein oder andere Tier brauchen. Meist ist das dann gar nichts Besonderes, eine weiße Perserkatze mit grauen Flecken oder so", sagt Kopmann mit bissigen Unterton. "Was man eben so üblicherweise in der Tiefkühltruhe hat."

Tiefkühltruhe - gutes Stichwort. Kopmann hat zehn davon, voll mit Tieren in Plastiksäcken, gekauft oder geschenkt von Zoos und Jägern. Hier warten eingefrorene Affen, Wölfe oder Luchse noch auf ihre Präparation.


Die digitale Technik sei keine Konkurrenz für ihn, sagt Kopmann. Seine Auftragslage ist seit vielen Jahren stabil - sicherlich auch wegen der moderaten Preisliste, die bei 250 Euro pro Tier beginnt. Morbide findet er seinen Beruf übrigens nicht: gerade weil er Tiere so sehr mag, verbringt er gerne Zeit mit ihnen. "Ich mag sie lebend ja alle lieber, nur ich kann sie ja nicht zum Leben erwecken, dann wäre ich ja schon Millionär."

Autorin: Nadine Wojcik
Redaktion: Aya Bach