Tausende Algerier demonstrieren gegen Bensalah
10. April 2019In Algerien haben Tausende Menschen gegen die Ernennung des Übergangspräsidenten Abdelkader Bensalah protestiert. Sie forderten die sofortige Absetzung des 77-Jährigen. Im Zentrum der Hauptstadt Algier setzte die Polizei Tränengas und Wasserwerfer gegen die Demonstranten ein, unter ihnen waren wieder zahlreiche Studenten. Diese sehen in Bensalah einen Vertreter der alten Machtelite um den in der vorigen Woche zurückgetretenen Langzeitpräsidenten Abdelaziz Bouteflika. Bensalah ist seit 16 Jahren Präsident des algerischen Oberhauses.
"Weg mit dem System"
Wie bei den seit Wochen anhaltenden Freitagsdemonstrationen versammelten sich die Algerier vor dem alten Postgebäude im Stadtzentrum und riefen "Hau ab Bensalah" und "Weg mit dem System". "Bensalah, Bouteflika, das ist doch alles dasselbe", klagte die 20-jährige Roumaissa, die in eine algerische Flagge gehüllt an der Demonstration teilnahm. Der 21-jährige Technologie-Student Jassin machte deutlich, für junge Menschen in Algerien gebe es keine Zukunft. Die Hochschüler fordern nicht nur einen Wechsel der politischen Führungsriege, sondern weitgehende demokratische Reformen. Auch in anderen Städten gingen die Menschen auf die Straße.
Die Proteste richten sich neben Bensalah auch gegen den Vorsitzenden des Verfassungsrates, Tayeb Belaiz, und gegen Regierungschef Noureddine Bedoui, die beide noch von Bouteflika ernannt worden waren.
Das größte afrikanische Land kämpft mit schweren wirtschaftlichen Problemen. Nach Schätzungen der Weltbank haben mehr als 20 Prozent der jungen Männer und mehr als 30 Prozent der jungen Frauen in Algerien weder einen Ausbildungs- noch einen Arbeitsplatz. Auch viele Hochschulabsolventen finden keine passende Stelle.
Bensalah verspricht eine transparente Wahl
Das algerische Parlament hatte Bensalah am Dienstag zum Übergangspräsidenten ernannt. Er soll die Geschicke des Landes 90 Tage lang bestimmen. In diesem Zeitraum muss er Präsidentschaftswahlen organisieren, bei denen er selbst nicht antreten darf.
In einer Rede an die Nation, die das Staatsfernsehen ausstrahlte, versprach Bensalah, er werde innerhalb der Frist für eine "transparente und ordnungsgemäße Präsidentschaftswahl" sorgen. Bürger, Politiker und staatliche Einrichtungen müssten gemeinsam die Bedingungen dafür schaffen. Weiter sagte Bensalah, bei der Abstimmung könne das algerische Volk "seine freie und souveräne" Wahl treffen. Unklar ist allerdings bislang, wer für das Amt des Staatschefs kandidieren wird.
Algerien ist einer der wichtigsten Gaslieferanten der Europäischen Union. Das nordafrikanische Land spielt auch bei der Bekämpfung der illegalen Migration über das Mittelmeer von Afrika nach Europa eine bedeutende Rolle.
se/rb (afp, dpa, rtr)