Tausende demonstrieren gegen TTIP
18. April 2015Bis zum Nachmittag hätten sich "mehrere zehntausend" Menschen an Kundgebungen und Aktionen in zahlreichen deutschen Städten beteiligt, sagte Frauke Distelrath, Sprecherin von Attac. Das globalisierungskritische Netzwerk hatte viele Veranstaltungen mitorganisiert. Laut Attac waren rund 700 Aktionen in etwa 45 Ländern geplant, davon rund 200 in Deutschland.
Allein in München hätten sich bis mindestens 15.000 Menschen an einer Demonstration beteiligt, so Distelrath weiter. In Karlsruhe versammelten sich demnach Kritiker des Freihandelsabkommens zu einer Fahrraddemonstration, in Neu-Ulm wurde ein Traktor-Korso abgehalten. In Berlin war eine Menschenkette geplant. Außer in Großstädten habe es auch Proteste in kleinen Dörfern gegeben, fügte die Attac-Sprecherin hinzu.
Mehr Arbeitsplätze oder Absenken von Standards?
Hintergrund für den Aktionstag ist die mittlerweile neunte Verhandlungsrunde zum TTIP-Abkommen zwischen den USA und der Europäischen Union, die am Montag in New York beginnt. Die Vereinbarung soll Hemmnisse im transatlantischen Handel abbauen und grenzüberschreitende Investitionen ankurbeln. Wirtschaftsverbände, wie der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), sehen darin Chancen für Wachstum und Beschäftigung.
Kritiker befürchten dagegen, dass europäische Standards etwa im Verbraucher- und Umweltschutz oder im sozialen Bereich gesenkt werden. Gegner des Abkommens monieren zudem, dass die Verhandlungen zwischen der EU-Kommission und der US-Regierung über den Vertrag intransparent seien.
Mittelstand ist skeptisch
Die Sprecherin für Wettbewerbspolitik der Grünen Bundestagsfraktion, Katharina Dröge, wertete den Aktionstag als Zeichen des wachsenden Widerstands gegen TTIP. "Es wird Zeit, dass die EU-Kommission und die deutsche Bundesregierung erkennen, dass man ein solch breites gesellschaftliches Bündnis ernst nehmen muss", erklärte Dröge.
Auch bei mittelständischen Unternehmen in Deutschland stößt TTIP in seiner jetzigen Form auf Vorbehalte. Zwar stehe der Bundesverband mittelständische Wirtschaft hinter dem geplanten Abkommen, sagte Verbandspräsident Mario Ohoven den "VDI Nachrichten". "Allerdings nicht um jeden Preis." Vor allem die umstrittenen Schiedsgerichte für den Investorenschutz, vor denen private Unternehmen Staaten verklagen könnten, lehne er ab.
EU verteidigt TTIP
EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström verteidigte das Freihandelsabkommen dagegen. Viele Vorwürfe in der laufenden Debatte basierten nicht auf wahren Fakten, sagte sie. Es werde kein Produkt auf den europäischen Markt kommen, das den EU-Standards nicht entspreche. Zum Investorenschutz und Schiedsgerichtsverfahren werde es bald neue Vorschläge geben.
Auch die Vorstandsvorsitzenden führender deutscher Konzerne haben sich angesichts der Proteste für den Freihandelsvertrag starkgemacht. Einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" zufolge hat der Bundesverband der Deutschen Industrie eine Aktion mit dem Titel "Wir wollen TTIP" ins Leben gerufen. Dafür hat der Verband Top-Manager aus Industrie wie Mittelstand zusammengetrommelt.
chr/fab (afp, dpa)