Tausende erinnern an ermordeten Nemzow
26. Februar 2017Zwei Jahre nach der Ermordung des prominenten Kreml-Gegners Boris Nemzow sind in Moskau Tausende Menschen auf die Straße gegangen. Mit Fotos des getöteten Oppositionsführers und Weiß-Blau-Rot gestreiften Nationalflaggen zog die Menge durch das Zentrum von Moskau. "Russland ohne Putin", skandierte die Menge immer wieder im Protest gegen Präsident Wladimir Putin. Die Organisatoren sprachen von rund 15.000 Menschen, die Polizei meldete 5000 Teilnehmer. Begleitet wurde die Demonstration von einem großen Polizeiaufgebot.
Am 27. Februar 2015 war der russische Oppositionelle Nemzow in Sichtweite des Kremls auf einer Brücke erschossen worden. Nach offiziellen Angaben sollen fünf Tschetschenen hinter dem Mord stecken. Gegen die Männer läuft ein Prozess. Nemzows Angehörige und Unterstützer zweifeln allerdings an dieser Version und vermuten, dass der Mord von höchster Stelle geplant worden sei und etwa der kremltreue Machthaber in der Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, die Tat angeordnet habe.
Der Mord an einer der Galionsfiguren der zersplitterten russischen Opposition traf Aktivisten und Kritiker 2015 schwer und schwächt sie bis heute. Der Reformer Nemzow, der selbst einst als Vizeregierungschef unter dem damaligen Präsidenten Boris Jelzin zum politischen Establishment gehörte, hatte viele Anhänger.
Politaktivist aus Straflager entlassen
Derweil ist nach 15 Monaten Haft in einer Strafkolonie in Sibirien der russische Oppositionelle Ildar Dadin wieder frei. Der 34-Jährige, der wegen friedlicher Proteste gegen Putin im Gefängnis saß, wurde aus der Haft entlassen. Dadin war nach eigenen Angaben gefoltert und misshandelt worden. Vor einigen Tagen hatte Russlands Oberster Gerichtshof seine Freilassung angeordnet.
Ich werde weiter gegen Putins faschistisches Regime kämpfen", sagte Dadin nach seiner Freilassung dem Fernsehsender Doschd. "Und ich werde dafür kämpfen, dass in Russland die Menschenrechte respektiert werden."
Der Oberste Gerichtshof hatte entschieden, dass Dadins Strafe aufgehoben und sein Fall zu den Akten gelegt werden soll. Der 34-Jährige habe ein Recht auf "Rehabilitierung", was auch Entschädigungszahlungen einschließe, urteilten die Richter. Dadin war im Februar 2015 festgenommen und im Dezember 2015 zu drei Jahre Haft verurteilt worden. Später wurde seine Strafe verkürzt. Er hätte noch sechs Monate absitzen müssen.
Die Freilassung erfolgte mit vier Tagen Verzögerung. Der Politologe Gleb Pawlowski brachte das mit dem Nemzow-Gedenkmarsch in Verbindung. "Das war, damit Dadin nicht zum Marsch nach Moskau kommt", schrieb er bei Facebook. Wäre Dadin dort aufgetreten, hätte er eine oppositionelle Bühne gehabt.
Der Aktivist war der einzige Häftling in Russland, der wegen der Teilnahme an friedlichen, aber nicht genehmigten Demonstrationen auf der Grundlage eines 2014 beschlossenen Gesetzes im Gefängnis saß. Vor gut zwei Wochen hatte das Verfassungsgericht eine Überprüfung seines Falls angeordnet. Gefängnisstrafen dürfe es nur nach gewaltsamen Protesten geben, kritisierten die Richter. Dadin klagte über Folter und Misshandlungen in der Haft.
wo/wl (dpa, afp, ap)