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Trauer und Wut in Bangladesch

24. April 2014

Bangladesch gedenkt der Toten der Fabrikkatastrophe vor einem Jahr. In die Trauer mischt sich aber auch Wut: auf die Fabrikbesitzer und die internationalen Konzerne, die nicht die volle Verantwortung übernehmen.

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Trauer um die getöteten Textilarbeiter in Bangladesch (foto: DW)
Bild: DW/M. Mamun

Ein Jahr nach dem Einsturz des Rana-Plaza-Gebäudes in Bangladesch haben Textilarbeiter Blumenkränze an der Unglücksstelle niedergelegt. Tausende Menschen kamen in Savar, einem Vorort der Hauptstadt Dhaka, zusammen, um der mehr als 1100 Toten und 2500 Verletzten der Katastrophe zu gedenken. Einige Hundert Textilarbeiter blockierten ganz in der Nähe der einstigen Fabrik eine Hauptstraße. Sie verlangten, dass die Gebäude- und Fabrikbesitzer endlich zur Rechenschaft gezogen werden sollten. "Hängt sie, hängt sie", schrien die Demonstranten.

Die Arbeiterschutzorganisation Sramik Sanghati forderte, die Regierung solle den 24. April zum Tag der Arbeitssicherheit in Bangladesch ausrufen. Zahlreiche Fabriken in Savar ließen schwarze Fahnen über ihren Dächern wehen. Der Einsturz am 24. April 2013 war das schwerste Fabrikunglück in der Geschichte Bangladeschs, wo viele Textilfirmen aus aller Welt nähen lassen.

Die Gewerkschaften trommeln für weiteren Wandel in dem südasiatischen Entwicklungsland. Es gebe jetzt immerhin mehr Inspektoren, die Gebäude vor allem auf Feuerschutz und Standfestigkeit hin überprüften, sagte Sultan Ahmed von der Gewerkschaftsorganisation Bangladesch-Institut für Arbeitswissenschaften. "Es gibt Verbesserungen, aber wir haben noch eine riesige Wegstrecke vor uns." Es sei positiv, dass nun der Mindestlohn von umgerechnet 28 auf 50 Euro pro Monat angehoben wurde, meinte Ahmed. "Doch die Löhne waren über einen langen Zeitraum die niedrigsten weltweit. Selbst wenn sie jetzt einen großen Sprung gemacht haben, kann man nicht sagen, dass es ein fairer Lohn ist." Derzeit geschehe der Wandel dank des Drucks von außen - es sei aber fraglich, wie lange dieser aufrecht erhalten werden könne.

Bangladesch: Angehörige der Todesopfer trauern am Jahrestag der Fabrikkatstrophe in Dhaka (Foto: Reuters)
Angehörige der Todesopfer trauern am Jahrestag der Fabrikkatstrophe in DhakaBild: Reuters

Die internationalen Gewerkschaften IndustriAll verlangte von den Unternehmen, die im Rana Plaza fertigen ließen, endlich ausreichend Entschädigungen zu zahlen. In den Treuhandfonds für die Opfer der Katastrophe seien erst 11 von 29 Millionen Euro eingegangen. "Es ist schockierend, wie wenig getan wird", sagte Ineke Zeldenrust von der Kampagne für Saubere Kleidung. Marken wie Benetton, Adler Modemärkte und Carrefour hätten noch gar nichts in den Fond eingezahlt.

DGB: Textilindustrie muss Verantwortung zeigen

Michael Sommer, der scheidende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), appellierte in einem Interview des Bayerischen Rundfunks an die deutsche Textilindustrie, zu ihrer Verantwortung zu stehen und Entschädigungen zu zahlen: "Ich erwarte, dass die Textilindustrie ihren Anteil zur Entschädigung der Angehörigen der Opfer leistet". Wenn die Kompensationszahlungen nicht bis Freitag eingingen, werde er die säumigen Unternehmen anschreiben und diese Briefe veröffentlichen. "Wir werden da keine Ruhe geben", sagte der DGB-Chef. Er war Anfang April nach Bangladesch gereist, um sich über die aktuellen Arbeitsbedingungen zu informieren.

Beim Arbeitsschutz vor Ort habe es seit der Katastrophe von Rana Plaza vor einem Jahr durchaus erste Fortschritte gegeben. "Einige Textilfabriken haben sich zusammengeschlossen und machen jetzt einen Vernünftigen Arbeitsschutz", sagte Sommer. Das machten aber nicht alle.

Der Mindestlohn für Textilarbeiter sei zwar von der Regierung in Bangladesch um 60 Prozent erhöht worden. Diese Erhöhung sei aber sofort von den rasant gestiegenen Mieten für die Gemeinschaftsunterkünfte aufgebraucht worden, so dass für die Arbeiter letztendlich wenig übrigbleibe, sagte Sommer.

re/se (dpa, epd, kna, afp)