Nigeria-Wahlen mit Technikproblemen
28. März 2015In Nigeria sind nur wenige Stunden nach der Öffnung der Wahllokale für die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen technische Schwierigkeiten aufgetreten. Reporter berichteten von Verzögerungen in einigen Wahllokalen in den Städten Kano, Lagos und Abuja, weil Vertreter der Wahlkommission sowie Material für die Abstimmung zu spät eintrafen. Erstmals konnten die Wahlberechtigten sich per elektronischem Fingerabdruck für die Wahl registrieren. Santiago Fisas, der den Ablauf der Wahlen im Auftrag der Europäischen Union überwacht, sagte Korrespondenten der Deutschen Welle: "Es ist natürlich etwas komplizierter und es kommt auch zu Verzögerungen, aber nach meinen Beobachtungen funktioniert das System insgesamt gut.
Wegen weiter anhaltender technischer Probleme mit der elektronischen Erfassung von Wählern wurde die Abstimmung am Nachmittag in einigen Wahlbezirken ausgesetzt. In den betroffenen Gegenden solle die Abstimmung am Sonntag erfolgen, teilte die Wahlkommission mit. Demnach gab es Schwierigkeiten mit den Kartenlesegeräten zur Registrierung der Wähler. Welchen Umfang die Panne hatte, wurde nicht mitgeteilt, die Rede war lediglich von "vielen" Orten.
" Opposition hat gute Chancen
Knapp 70 Millionen registrierte Wahlberechtigte sind zu der Abstimmung in dem westafrikanischen Land aufgerufen, das seit Jahren von der Gewalt der Islamistengruppe Boko Haram erschüttert wird. Es zeichnet sich ein knappes Rennen zwischen dem christlichen Amtsinhaber Goodluck Jonathan und dem muslimischen Oppositionsführer Muhammadu Buhari ab. Der 72 Jahre alte Buhari, ein früherer Militärdiktator, wird von einem breiten Oppositionsbündnis unterstützt. Beobachter räumen ihm gute Chancen auf einen Wahlsieg ein. Sollte der 57 Jahre alte Jonathan tatsächlich unterliegen, wäre es der erste Wahlsieg der Opposition seit Nigerias Rückkehr zur Demokratie 1999.
Um die Präsidentenwahl für sich zu entscheiden, muss ein Kandidat neben einer absoluten Stimmenmehrheit auch mindestens 25 Prozent der Stimmen in zwei Dritteln der 36 Bundesstaaten des Landes gewinnen. Sollte keiner der Kandidaten die nötige Mehrheit erreichen, wäre in zwei Wochen eine Stichwahl fällig. Bislang war das noch nie nötig. Außerdem wird auch ein neues Parlament gewählt.
Strenge Sicherheitsvorkehrungen
Obwohl die Wahl aus Angst vor Terroranschlägen der islamistischen Boko Haram unter strengen Sicherheitsvorkehrungen stattfindet, soll die Miliz laut Bewohnern und einem Wahlhelfer in den Dörfern Birin Bolawa und Birin Fulani im nordöstlichen Bundesstaat Gombe zwei Anschläge verübt haben. Dabei sollen mehrere Menschen getötet worden sein.
Mit einer starken Polizeipräsenz sollen Ausschreitungen zwischen den politischen Lagern verhindert werden. Bei der vorangegangenen Wahl im Jahre 2011 waren bei Zusammenstößen Schätzungen zufolge rund 1000 Menschen ums Leben gekommen.
Jonathan warnte die Nigerianer am Freitag eindringlich vor jeglicher Gewalt im Zusammenhang mit der Präsidenten- und Parlamentswahl. "Kein politischer Eifer kann Gewalt oder das Vergießen des Blutes unserer Bürger rechtfertigen", sagte Jonathan. Die Sicherheitskräfte seien gut vorbereitet und würden keine Gewalt tolerieren. "Wahlen dürfen nicht mit Krieg verwechselt werden."
Zweikampf ums Präsidentenamt
Eigentlich sollte bereits am 14. Februar abgestimmt werden; wegen der prekären Sicherheitslage im Nordosten Nigerias wurde die Abstimmung kurzfristig verschoben. Zur Wahl stehen 14 Kandidaten, doch es läuft klar auf ein Duell Jonathans mit Buhari hinaus. Jonathan von der regierenden Demokratischen Volkspartei (PDP) verspricht Afrikas stärkster Wirtschaftsmacht politische Kontinuität.
Buhari von der Partei der Fortschrittlichen (APC) indes präsentiert sich als Nigerias Retter: Er verspricht, die grassierende Korruption einzudämmen und dem Terrorfeldzug der Boko Haram ein Ende zu setzen. Die sunnitischen Extremisten sind seit 2009 jedes Jahr stärker geworden. Jonathan, der seit 2010 Staatschef und Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist, ging bis kurz vor der Wahl nicht entschlossen gegen die Organisation vor. Mindestens 14.000 Menschen sind seitdem bei Anschlägen und Angriffen der Islamisten getötet worden. Etwa 1,5 Millionen Menschen sind auf der Flucht. Nigeria ist mit 173 Millionen Einwohnern das bevölkerungsreichste Land Afrikas.
cr/qu (dpa, afp)