Techno und besetzte Häuser: Ausstellung "Nineties Berlin"
Der Mythos Berlin lebt von dem Jahrzehnt nach dem Mauerfall: den 90ern. Techno, Loveparade, Brachen, die zu Szeneclubs wurden. Die "Mitte" wurde neu entdeckt. Eine Ausstellung in Berlin macht eine Zeitreise.
Ekstase ohne Limit
Keine Sperrstunde, dafür jede Menge brachliegende Industriehallen: Das wiedervereinigte Berlin war wie gemacht für durchzechte Party-Nächte in verlassenen Kellern. Es war die Geburtsstunde der Techno-Szene - für viele DJs begann die Karriere in legendären Nachtclubs wie dem "Tresor". Eine Hommage an die Raves der Neunziger ist dieser historische Plattenteller in der Ausstellung "Nineties Berlin".
Freiraum für Kreative
Konzerte, Theater, Lesungen, Kunstwerke, Debatten: Im "Kunsthaus Tacheles" waren der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Die 1990 von einer Künstlerinitiative besetzte Ruine an der Oranienburger Straße entwickelte sich im Laufe des Jahrzehnts zu einer kulturellen Institution. Im September 2012 mussten die verbliebenen Künstler das Gelände nach jahrelangen Auseinandersetzungen endgültig räumen.
Die Neunziger in Bildern
Es sind eindrucksvolle, bewegende Aufnahmen, die sich Besucher der Ausstellung "Nineties Berlin" in diesem Raum auf einer 270-Grad Leinwand ansehen können. Die originalen Fotos und Videosequenzen werden von einem "Soundtrack zum Jahrzehnt" begleitet. Die Entdeckungsreise durch die Neunzigerjahre führt von der Nacht des Mauerfalls bis hin zur rasanten Entwicklung der Loveparade.
Vom Szenetreff zum Massenevent
"Friede, Freude, Eierkuchen" - so lautete das Motto der ersten Loveparade 1989. Über den Berliner Ku'damm zogen damals gerade einmal 150 Technofans. In nur wenigen Jahren entwickelte sich die Veranstaltung vom Szenetreff zu einem der größten musikalischen Events Europas. Die letzte Loveparade endete 2010 in Duisburg in einer Tragödie mit 21 Toten und Hunderten Verletzten durch eine Massenpanik.
Drachenkopf auf Tournee
Statt mit Techno wurde die Band Rammstein in den Neunzigern mit Rockmusik international bekannt. Die Kultband hatte sich 1994 in Berlin gegründet. Auf ihre "Sehnsucht"-Tour 1997 nahmen die Musiker einen feuerspeienden Drachenkopf mit. Als imposantes Exponat hängt dieser nun über den Köpfen der Ausstellungsbesucher in Berlin. Gerüchten zufolge bringen Rammstein 2018 ein neues Album raus.
Zeitzeugen erinnern sich
Für die Ausstellung "Nineties Berlin" führte Kurator Michael Geithner insgesamt 13 Interviews mit Zeitzeugen. "Durch die persönlichen Stimmen werden die Neunzigerjahre so erfahrbar, als wäre man selbst dabei gewesen", sagt Geithner. Zu den Befragten gehören auch bekannte Persönlichkeiten wie die Sängerin der Band 2Raumwohnung, Inga Humpe.
Kreative erobern Berlin-Mitte
Pop-Ikone Inga Humpe war eine von vielen Westlern, die es nach der Wende nach Berlin-Mitte zog. Der neu entdeckte Stadtteil war kulturell betrachtet ein unbeschriebenes Blatt. Die vielen unsanierten, faden Plattenbauten wurden von Kreativen in Beschlag genommen. Zwischennutzung war das Wort der Stunde. Überall eröffneten Wochenbars, die nur an einem bestimmten Tag in der Woche ausschenkten.
Wen die Mauer das Leben kostete
Diese Installation aus Kalaschnikows soll an die 140 Mauertoten erinnern, die zwischen 1961 und 1989 ihr Leben verloren bei dem Versuch, die Grenze zwischen Ost- und West-Berlin zu überwinden. Die Ausstellung gedenkt der Opfer, nennt ihre Namen und Biografien. Nicht alle kamen durch Maschinenpistolen um, einige ertranken in den Grenzgewässern oder stürzten in den Tod.