Teheran-Besuch Putins und Syrien-Frage
23. November 2015Jüngste Spekulationen, dass Moskau - anders als Teheran – von seiner Unterstützung für Baschir al-Assad abrücken könnte, wurden von den Aussagen Putins bei seinen Gesprächen mit Chamenei und Rohani nicht bestätigt: "Niemand von außen kann und darf dem syrischen Volk seine Regierungsform diktieren und wer an der Macht sein sollte", wird Putin von der Nachrichtenagentur AP zitiert.
Trotz verstärkter Zusammenarbeit auf den Gebieten Rüstung und Energie – Putin hatte kurz zuvor ein Ausfuhrverbot nuklearer Ausrüstung und Technologie in den Iran gelockert, außerdem soll die lange verzögerte Lieferung von S-300-Raketenabwehrsystemen an den Iran jetzt anlaufen – stand die Syrien-Frage im Mittelpunkt des Treffens.
Was soll mit Assad werden?
Iran und Russland stehen mit ihrer Syrien-Politik quer zur internationalen Gemeinschaft – mit der möglichen Ausnahme Chinas –, für die eine langfristige politische Neuordnung Syriens "mit Assad" nicht vorstellbar ist, wie US-Präsident Obama in der vergangenen Woche noch einmal deutlich gemacht hat. Die Dringlichkeit einer gemeinsamen Antwort auf den Terror des IS hat die Frage nach der Zukunft Assads in den Hintergrund gerückt – erst einmal. Dennoch wird die Herrschaft Assads durch Folter und Bombardierung der Bevölkerung im Westen als eine Hauptquelle des islamistischen Terrorismus gesehen, so dass dort Einigkeit in der Einschätzung besteht, dass der Kampf gegen den IS und die Ablösung Assads zusammengehören.
Diese Sicht wird in Teheran nachdrücklich bestritten: "Man kann über eine Reform der Regierung in Syrien nachdenken, das soll aber nicht den Vorrang haben, die Top-Priorität hat der Anti-Terror-Kampf", sagte Rohani am Rand der UN-Vollversammlung im September. Und dabei gebe es "keine andere Lösung, als die zentrale Autorität und Regierung (Syriens) zu stärken."
Teheran will Einfluss in Syrien wahren
Das ist seit jeher die konsequente Haltung des Iran, der Soldaten und Offiziere seiner Al-Kuds-Brigaden an der Seite der syrischen Armee kämpfen lässt. "Der Iran hält an Assad fest, weil sein Regime der Garant für den weiteren Einfluss Irans in Syrien ist. Käme es nach freien Wahlen zu einer sunnitischen Regierung in Syrien, wäre der Iran abgemeldet und alle seine Investitionen der vergangene Jahre – wirtschaftlich, politisch, militärisch – wären umsonst gewesen", analysiert Jamsheed Faroughi, Leiter der Persischen Redaktion der DW. "Iran würde nur von Assad abrücken, wenn es eine Garantie für das Überleben von dessen Regime bekäme, was aber unrealistisch ist."
Faroughi sieht auch keine Anzeichen dafür, dass die iranische Syrien-Politik im Innern in Frage gestellt werden könnte. "Das Syrien-Engagement Irans ist in der iranischen Politik unumstritten, auch gefallene Offiziere der Kuds-Brigaden sind kein Grund für eine Neubewertung, sie gelten als Märtyrer und Helden." Etwas anderes sei die in sozialen Netzwerken veröffentlichte Meinung, hier werde durchaus Kritik an der Syrien-Politik der Führung geäußert, das habe aber keine Wirkung. Hinzu kommt, dass Irans Position durch das bevorstehende Ende der Wirtschaftssanktionen international gestärkt ist, so dass sich auch von daher keine Notwendigkeit für eine Änderung seiner Syrien-Politik ergibt.
Putin betonte in Teheran die enge Abstimmung und Kooperation beim Anti-Terrorkampf beider Länder in Syrien: "Ohne die Hilfe der iranischen Partner wäre das russische Eingreifen in Syrien nicht möglich gewesen", so Putin laut AP.
Teheraner Erdgas-Gipfel
In Teheran fand gleichzeitig der Gipfel erdgasexportierender Länder statt, mit Russland und Iran als zwei Hauptakteuren auf den globalen Gasmärkten. Könnte sich auf diesem Gebiet eine Rivalität ergeben, eventuell mit Auswirkungen auf die Außenpolitik? Das hält Energie-Experte Behrooz Abdolvand, externer Mitarbeiter der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in Berlin, für unwahrscheinlich. "Die unterschiedlichen Erdgasstrategien beider Länder werden sich nicht auf die strategische Kooperation in Syrien auswirken", meint Abdolvand im Gespräch mit der DW.
"Moskau möchte sein maritime Präsenz am Mittelmeer behaupten und die Tschetschenen in Syrien bekämpfen. Der Iran möchte die Schiiten vor Übergriffen des IS schützen und die Terroristen von seinen Grenzen fernhalten. Diese Ziele sind aus sicherheitspolitischer Sicht wichtiger als der Erwerb von Gasmarktanteilen in der fernen Zukunft", so die Einschätzung des Energie-Experten.
Was die Zukunft beider Länder als Gasexporteure betrifft, so sieht Abdolvand sie durchaus als Konkurrenten. Wobei der Iran gewaltigen Aufholbedarf, aber auch größere Chancen habe: "Für die Integration des Iran in den internationalen Gasmarkt sind Investitionen in Höhe von 100 Milliarden US-Dollar nötig. Insbesondere benötigt der Iran mehrere Gasverflüssigungs-Anlagen, um Süd- und Südostasien versorgen zu können", sagt der Energie-Experte. Allerdings habe der Iran auf dem Kapitalmarkt viel bessere Chancen, die nötigen Investitionen zu bekommen, als Russland. Grund sei der Wegfall der Sanktionen gegen Iran, während Russland weiterhin mit Sanktionen rechnen müsse.