Terror im Irak blockiert Wirtschaftskontakte
20. Juli 2005Es herrschte ein wenig "Goldgräberstimmung" auf der "2. deutsch-irakischen Wirtschaftskonferenz", die am Mittwochmittag (20.7.2005) in München zu Ende ging. Rund 600 Teilnehmer, mehr als die Hälfte davon aus dem Irak oder in Europa lebende Iraker, berieten über Wege und Möglichkeiten, wieder ins Geschäft zu kommen mit dem Zweistromland. Und besonders bei den deutschen Teilnehmern waren die goldenen Zeiten der frühen 1980er Jahre allgegenwärtig, als man umgerechnet über dreieinhalb Milliarden Euro Handelsüberschuss gegenüber dem Irak hatte. Heute ist man schon froh, dass er immerhin schon wieder auf ein Neuntel dieser Summe angestiegen ist - nachdem die Wirtschaftsbeziehungen zuvor fast völlig auf ein zu vernachlässigenes Maß abgesunken waren.
Sympathie und Gewalt
Deutsche Firmen möchten gerne wieder groß einsteigen im Irak. Sie wissen auch, dass man ihnen dort Sympathie und Vertrauen entgegenbringt. Dass man alte, aus Deutschland stammende Anlagen durch neue ersetzen möchte, und dass man auch Deutschlands Abstinenz gegenüber dem amerikanischen Angriff zu honorieren bereit ist. Aber da ist die tägliche Gewalt, der Mangel an staatlicher Autorität und da sind auch die amerikanischen Interessen.
Zumindest die ersten beiden könnte man vielleicht auf Umwegen umgehen. Das wurde bei der Münchner Konferenz mehr als deutlich: Unter den Irakern waren überproportional Kurden vertreten, die im Norden des Irak ja eine autonome Verwaltung haben, die einigermaßen prosperiert und weitgehend - wenn auch nicht völlig - von Terrorakten verschont geblieben ist. Eine eigene Verwaltung, internationale Flugverbindungen - bald auch nach Frankfurt - und relativ unbehinderter Zugang auf dem Landweg haben das Kurden-Gebiet zu einer Anlaufstelle für das Irak-Geschäft gemacht, von der aus dann weiter hinein in den Irak Verbindungen aufgebaut werden können.
Umwege
Die zweite Möglichkeit ist die Rekrutierung irakischer Fachkräfte zur Gründung eigener Niederlassungen in Bagdad, ohne selbst dorthin reisen zu müssen. So bietet eine Initiative in Berlin in Zusammenarbeit mit der Bagdader Regierung eine im Internet zugängliche Datenbank an, in der sich irakische Fachkräfte bewerben können. Nach umfangreichen Befragungen werden sie ausgewählt und können von deutschen Firmen zu kurzen Kursen eingeladen und dann als deren Vertreter im Irak eingesetzt werden. Ein Projekt, das angeblich so erfolgreich ist, dass der Server der Datenbank wegen der vielen Anfragen fast immer überlastet ist.
Wem solche indirekten Wirtschaftskontakte mit dem Irak zu unsicher und zu unpersönlich sind, dem bietet eine auch in Deutschland operierende Sicherheitsfirma ihre Dienste an. Ein forscher Ire demonstrierte auf der Münchner Konferenz anhand von Schautafeln, dass der Irak eigentlich nicht gefährlicher sei als andere Länder - wie zum Beispiel Kolumbien. Aber wer von den Anwesenden fährt auch schon in das Land der Drogenbosse? Und wenn man sich entscheiden sollte, nach Bagdad zu reisen, um sich Geschäftspartner vor Ort auszugucken, dann bietet die Sicherheitsgesellschaft - alles "ehemalige Elitesoldaten oder Polizeioffiziere" - ihre Dienste an: gepanzerte Fahrzeuge, schwer bewaffnete Leibwächter und ähnliches.
Bombensicher
Harmloser liest sich da schon der Prospekt einer Firma, die Konzepte für "explosionsresistente Hausfassaden und Fenster" anbietet. Wovon der mittelständische Unternehmer aus Deutschland immer geträumt hat. Dieser Unternehmer wird von solchen Angeboten kaum überzeugt werden, ins Irak-Geschäft einzusteigen, wie es sich gehört: Mit direkten Kontakten und zumindest Besuchen, wenn nicht einer permanenten Präsenz vor Ort. Ein "alter Hase" im Irak-Geschäft, der schon in den 1980er Jahren dabei war, schüttelt den Kopf: Er würde gerne wieder nach Bagdad reisen, das sei aber auf absehbare Zeit undenkbar. Denkbar sind nur Geschäfte über Mittelsleute – in den Nachbarstaaten und eben im kurdischen Nordirak. Und auch das nur bei Exporten in den Irak: "Die zahlen und wir liefern. Da findet sich dann schon ein Weg."