Keine schnellen Wahlen
20. September 2006Einen Tag nach dem unblutigen Militärputsch in Thailand hat König Bhumibol Adulyadej die Ernennung einer Militärregierung bestätigt. An der Spitze der Übergangsregierung stehe General Sonthi Boonyaratklin, hieß es in einer Erklärung des Königs, die am Mittwochabend (20.09.) im Staatsfernsehen verlesen wurde. Die Generäle versprachen eine Zivilregierung binnen zwei Wochen und Parlamentswahlen bis Oktober 2007. Zugleich verhängten sie eine Medienzensur und ein Versammlungsverbot.
"Ich beabsichtige nicht, die Macht zu ergreifen und ein Ersatzherrscher zu sein", sagte Armeechef Sonthi in Bangkok. Er hatte zuvor erklärt, die Streitkräfte seien zum Handeln gezwungen worden, um Korruption, nationale Zerstrittenheit und die Unterwanderung unabhängiger Behörden sowie der Monarchie zu beenden. Dafür sei Regierungschef Thaksin Shinawatra verantwortlich. "Der Premierminister hat einen beispiellosen Graben in der Gesellschaft aufgerissen", sagte der General im Fernsehen, während er von den Befehlshabern von Marine, Luftwaffe und Polizei sowie vom Oberkommandeur der Streitkräfte flankiert wurde.
Thaksins Vorgehen ist ungewiss
Thaksin traf am Abend an Bord einer gecharterten Maschine der Thai Airlines in London ein. Ein Sprecher des britischen Premierministers Tony Blair erklärte, der Besuch sei bereits vor dem Militärputsch geplant gewesen und rein privater Natur. Ein Treffen mit Blair sei nicht vorgesehen gewesen. Thaksin hat Verwandte in Großbritannien. Wie lange er dort bleiben und ob er um Asyl nachsuchen will, war zunächst unklar.
Die Lage in Bangkok blieb am Tag nach dem Putsch ruhig. An strategisch wichtigen Kreuzungen waren weiter Soldaten postiert, in den Straßen standen noch immer Panzer. Augenzeugen berichteten, es gebe davon abgesehen kaum sichtbare Hinweise auf die neue Lage. Allerdings seien deutlich weniger Autos unterwegs. Die Putschisten hatten in der Nacht zum Mittwoch die Macht übernommen, Kabinett und Senat für aufgelöst erklärt und die Verfassung außer Kraft gesetzt.
Der Umsturz richtete sich vor allem gegen den umstrittenen Regierungschef Thaksin. Wie das Militär ist auch die Bevölkerung tief gespalten über den 57 Jahre alten, schwerreichen Ministerpräsidenten. Er hat seine Anhängerschaft vor allem unter den Armen auf dem Lande, während ihm seine politischen Gegner insbesondere in der Mittelschicht Machtmissbrauch vorwerfen. Anfang des Jahres hatte es in Bangkok wochenlange Massenproteste gegen Thaksin gegeben.
Thailand war nach den Parlamentswahlen im April in eine tiefe politische Krise gerutscht, nachdem die Opposition die Abstimmung aus Protest gegen Thaksin boykottiert hatte. Deshalb konnte das Abgeordnetenhaus trotz eines Sieges des Regierungschefs nicht zusammentreten. Die Wahl wurde inzwischen annulliert.
Annan verurteilt Putsch
UN-Generalsekretär Kofi Annan rief die Thailänder zur Ruhe auf. Die USA mahnten eine friedliche und demokratische Lösung an. Die EU forderte die Putschisten auf, zurückzustehen und den Weg für die demokratische Regierung freizumachen. Annan äußerte in einem Interview des US-Senders CNN die Hoffnung, dass das Land so bald wie möglich zur Demokratie zurückkehren werde. Die UN unterstützten immer "Regierungswechsel durch demokratische Mittel". Ein Putsch sei "keine zu fördernde Praxis".
Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht kaum wirtschaftliche Auswirkungen durch den Militärputsch. Die thailändische Wirtschaft sei fundamental stark, die regionalen Finanzmärkte seien durch den Putsch kaum in Mitleidenschaft gezogen worden, sagte IWF-Direktor Rodrigo de Rato in Singapur. Die asiatischen Volkswirtschaften seien widerstandsfähiger gegen externe Schocks geworden. Die Börse in Bangkok blieb am Mittwoch geschlossen. Die Landeswährung Baht verlor ein Prozent.
Ungestörter Reiseverkehr
Große Reiseunternehmen wie TUI oder Dertour berichteten, Ausflugsprogramme in Thailand würden fast ohne Änderungen angeboten. Die Lufthansa fliege Bangkok planmäßig an, teilte das Unternehmen mit. Dertour und Meier's Weltreisen, nach eigenen Angaben deutsche Marktführer bei Asien-Reisen, berichteten, alle ihre derzeit rund 2200 Gäste in Thailand wollten den Urlaub fortsetzen. Nur Stadtrundfahrten in Bangkok wurden für Mittwoch abgesagt. Europas zweitgrößter Touristikkonzern Thomas Cook sah weder Gefahren für Urlauber noch Anlass für Stornierungsangebote. "In den touristischen Gebieten ist es komplett ruhig", sagte Vorstandschef Thomas Holtrop in Köln. (mas)