Thailands Putsch-Premier Prayuth bestätigt
6. Juni 2019Die zwölf Stunden lange Debatte im neu gewählten Abgeordnetenhaus war lebhaft, sie dauerte bis tief in die Nacht. "Prayuth gewinnt doch nur wegen der Einmischung des Militärs", schimpft eine Abgeordnete der oppositionellen Future-Forward-Partei am Rednerpult. "Prayuth sorgt für Frieden im Land. Denken Sie doch nur an die massiven Ausschreitungen zwischen den Rothemden und den Gelbhemden, bevor Prayuth mit dem Militär eingeschritten ist", so warb dagegen eine Politikerin der juntanahen Phalang-Pracharat-Partei für ihren Kandidaten.
Der Ausgang der Abstimmung war trotz der lebhaften Debatte nicht überraschend. Kurz vor Mitternacht wurde der Putschgeneral Prayuth Chan-ocha mit 500 von 744 gültigen Stimmen aus Senat und Abgeordnetenhaus im Amt bestätigt. Dem Gegenkandidaten und politischen Hoffnungsträger der Opposition, Thanathorn Juangroongruangkit, blieben demnach 244 Stimmen. "Brüder und Schwestern, dies ist nicht das Ende!" sagt der unterliegende Thanatorn vor Presse und Anhängern. "Wir werden nun noch härter arbeiten. Unser Tag wird kommen", kündigt der 40jährige Parteichef kämpferisch an.
Fragile Regierungskoalition
Das wuchtig anmutende Ergebnis für den seit 2014 regierenden Militärmachthaber erklärt sich daraus, dass rund ein Drittel der Stimmen aus dem Senat stammen, der mit handverlesenen Marionetten aus den Reihen des Militärs bestückt wurde. Durch den 250-köpfigen Senat kam Prayuth zwar quasi im Schlafwagen ins Amt, bei der künftigen Parlamentsarbeit zählt allerdings nur noch das 500-köpfige Parlament, in dem eine fragile Regierungskoalition, zusammengewürfelt aus 19 verschiedenen Parteien, nur eine hauchdünne Mehrheit hat. "Jedes Gesetz ist jetzt auf eine ziemlich geschlossene Front der Regierungsparteien angewiesen", meint der deutsche Politologe Michael Nelson in Bangkok. Zerreißproben sind vorprogrammiert. "Kritisch könnte es beim Haushaltsgesetz im August und bei einer Misstrauensdebatte werden", meint Nelson weiter.
"Als Chef einer gewählten Koalitionsregierung wird er sich den Debatten in Zukunft häufiger stellen müssen und dabei nicht ohne Lackschäden davonkommen", meint auch Kathrin Bannach von der Friedrich-Naumann-Stiftung in Bangkok. "Die Chancen, die Polarisierung der Gesellschaft zu vermindern, stehen schlecht, da die Einschüchterungsversuche gegenüber der Opposition seit den Wahlen wieder erheblich zugenommen haben." Die Thailandkennerin geht deshalb nicht davon aus, dass sich daran in der neuen Zivilregierung schon bald etwas ändern wird.
Neuer politischer Handlungsspielraum
Optimistischer blickt Michael Nelson auf die Zeit nach den Wahlen. Im Wandel zur Zivilregierung hätten sich auch die politischen Rahmenbedingungen stark verändert, meint Nelson, der an der Thammasat-Universität in Bangkok forscht. "Der politische Handlungsspielraum, auch für Protestaktionen im öffentlichen Raum, ist immens gewachsen." Seit der Machtübernahme des Militärs vor fünf Jahren wurden politische Veranstaltungen mit harter Hand unterdrückt. Erst Mitte Dezember 2018 wurden Restriktionen im Vorfeld zur Wahl gelockert. Mit der Rückkehr zur Zivilregierung könnte sich der politische Kampf der Opposition nun intensivieren, glaubt Nelson: "Die Frage ist, inwiefern sich politische Gruppierungen diese Änderung zu Nutze machen werden." Vor allem die Jungpartei Future Forward, die mit ihren politischen Ideen das junge Thailand repräsentiert und durch den Kollisionskurs gegen die Regierung hohen Zuspruch erfährt, könnte auch außerhalb des Parlaments Wirkung entfalten.
Aber dem gewonnenen Freiraum zum Trotz befindet sich Future Forward noch immer auf einem Minenfeld der Justiz. Zahlreiche Gerichtsklagen sind gegen Thanathorn und seine Partei anhängig. Ist eine von ihnen erfolgreich, könnten sich die politischen Hoffnungen der Opposition schnell in Luft auflösen.