Theaterzauberer und Revoluzzer: Zum 80. Geburtstag von Claus Peymann
Mit Werktreue und Entdeckungsmut setzte der große Regisseur neue Maßstäbe für das deutschsprachige Theater der 68er und darüber hinaus. Er packte die wichtigen Themen der Zeit an - und blieb dabei immer nahbar.
Der kleine Klaus, noch mit "K"
Klaus Eberhard Peymann, geboren am 7. Juni 1937 in ein kleinbürgerliches Elternhaus in Bremen. Der Vater Lehrer und mittlerer Nazi, die Mutter dagegen. Aus dem Elternhaus speisen sich erste Impulse des Widerstands. "Wann Klaus zu Claus wurde? Keine Ahnung! Irgendwann noch während der Schulzeit fand ich es leichter zu schreiben…"
Pakt mit Thomas Bernhard
Ihn hat er für sich entdeckt und gefördert: Der sperrige Österreicher Thomas Bernhard (links) war einer der Lieblingsdramatiker von Claus Peymann. Da hatten sich zwei Geistesverwandte gefunden und schnell einen Pakt für Uraufführungen besiegelt. "Großfürst der Schnürböden" nannte Bernhard seinen Theaterdirektor liebevoll. Hier bei einer Zusammenkunft in Stuttgart in den 1970er Jahren.
Schwer verdauliche Kost
Die Schauspielerinnen Kirsten Dene und Maria Happel gehören zur Theaterfamilie des Claus Peymann. Hier kehren sie ihr Innerstes nach außen in Elfriede Jelineks "Raststätte" an der Wiener Burg, 1994. Bevor andere die schwierige spätere Literaturnobelpreisträgerin uraufführten, tat es Peymann. Immer auf der Suche nach neuen Texten und neuen Herausforderungen.
Treue Freunde
Spätes Glück der Seelenverwandten: Der Dramatiker Peter Handke (links) und Claus Peymann beim Premierenapplaus für "Spuren der Verirrten", 2007 am Berliner Ensemble. Früh hatte der Theaterdirektor den 'bleichen Jüngling' gefördert und über alle Anfeindungen hinweg stets zu ihm gestanden. Peymann war der Uraufführungsregisseur von Handke.
Paff-Pose
Dieses seltene Schwarzweiß-Porträt zeigt Claus Peymann, von seinen Theaterfreunden früh schon nur C.P. genannt, in typischer Existenzialisten-Pose. "Man trug schwarze Pullover und die Frauen hatten lange schwarze Haare. Später fuhr man, wann immer es ging, nach Paris, besuchte die schummrigen dunklen Keller. Juliette Gréco war unsere Göttin, Camus und Sartre unsere Propheten."
Theaterzauber
"Die Herrmannsschlacht" von Heinrich von Kleist am Schauspielhaus Bochum, 1982, war seine Jahrhundertinszenierung. Peymann brachte das als unspielbar geltende "vaterländische Schauspiel" als Theaterzauber auf die Ruhrpott-Bühne. Hier mit zweien seiner Lieblingsschauspieler, Kirsten Dene (rechts) und Gert Voss. "Theater ist Versammlungsstätte, Meinungsplatz für die Leute seiner Umgebung."
Verschworene Gemeinschaft
Eine ganz besondere Zusammenarbeit: Thomas Bernhard (links), der Dramatiker, der seinen Weltekel unvergleichlich formulieren konnte, und sein Adjutant Claus Peymann. Die Liaison war so eng, dass Bernhard Stücke schrieb für seine und Peymanns Lieblingsschauspieler. Hier also "Ritter, Dene, Voss" für Ilse Ritter, Kirsten Dene und Gert Voss bei den Salzburger Festspielen und an der Wiener Burg, 1986.
Kontroverses Politspektakel
Vielleicht der Höhepunkt von Claus Peymanns Karriere als Uraufführungsregisseur: "Heldenplatz" von Thomas Bernhard (Mitte), 1988 kurz vor dessen Tod an der Wiener Burg in Szene gesetzt. Ein Politspektakel, das mit dem Antisemitismus und Revanchismus der Österreicher abrechnete. Die Publikums- und Pressereaktionen waren entsprechend heftig.
Auftritt in der Ferne
In Peymanns Direktion ging das Berliner Ensemble als Kulturbotschafter oft und ausgiebig auf Auslandsreisen. Seine Adaption des Brecht-Klassikers "Mutter Courage und ihre Kinder" mit der rustikalen Carmen Maja Antoni in der Titelrolle kam auf Tournee besonders gut an. Hier beim Schlussapplaus in der Vahdat Hall beim Fadjr International Theater Festival in Teheran, 2008.
Schwarz/Weiß/Rot
Achim Freyer gehörte zu den prägenden Bühnengestaltern der Ära Peymann. Einmal gefunden, haben sich diese Partner nie mehr wieder losgelassen. Zuletzt dominierte immer wieder Schwarz/Weiß/Rot. Wie in dieser Inszenierung von "Kafkas Prozess", einem Spätwerk Peymanns am Berliner Ensemble mit Bühnenbild und Kostümen des Weggefährten Freyer, 2014.
Mit Spaß bei der Sache
So sieht er sich selbst gerne: Claus Peymann, C.P., der Nahbare, Aufgeschlossene, stets Diskussionsbereite. Einer, der sich gerne totlacht und mit anderen die Diskussion sucht. Wie kaum ein zweiter hat er immer auch Schüler und Schülerinnen in seine Theater geholt und mit ihnen diskutiert. Hier im Parkett des Berliner Ensembles, 2009.